Ergebnisse der Glücksforschung: Was macht uns glücklich?

by Hofelich
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Was macht Menschen wirklich glücklich? Dies herauszufinden ist Ziel der Glücksforschung. Diese wissenschaftliche Disziplin geht meist in Form von Studien, Umfagen und Tests der Frage nach, ob, wann und warum sich Menschen glücklich fühlen. Die Wissenschaft vom Glück hat einen humanistischen Anspruch und möchte zur Maximierung des menschlichen Glücks beitragen. Hier die wichtigsten Ergebnisse einer Langzeitstudie der Harvard Universität, Auswertungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung und Prof. Jan Delhey von der Universität Magdeburg.

Langzeitstudie der Harvard University: Wie ein glückliches Leben gelingt

Zum Thema „Wie ein glückliches Leben gelingt“ führt die US-amerikanische Harvard University in Cambridge seit dem Jahr 1937 eine der aufwendigsten Langzeitstudien der Geschichte durch. Nach Meinung von Psychiatrieprofessor George Vaillant, dem langjährigen Leiter der Studie, liegt ein glückliches Leben bis ins hohe Alter zum Großteil in unseren Händen. Und das trotz der unkontrollierbaren Faktoren, die wir nicht beeinflussen können wie das familiäre Umfeld, in das wir hineingeboren wurden oder die Genen der Vorfahren.

Die Grant-Studie beleuchtet das Leben von 268 männlichen Harvard-Absolventen der Jahrgänge 1939 bis 1945. Sie werden in regelmäßigen Abständen systematisch medizinisch untersucht und intensiv zu Ihrem Leben befragt: Über ihre Kindheit und Jugend, ihre Karrieren und Beziehungen, ihren Erfolg und ihr Scheitern.

Erste Ergebnisse der noch laufenden Studie liegen bereits vor. Wie gelingt also ein glückliches Leben? Vor 50 in einer stabilen Beziehung leben, geistig aktiv sein, Sport treiben, nicht zu viel essen und Alkohol trinken sowie nicht rauchen – und auch im Alter aktiv bleiben, so Vaillant. Hier zeigt sich, dass die Gesundheit eine grundlegende Voraussetzung für Glück ist.

Zwischenmenschliche Beziehungen sind das wichtigste im Leben

„Das mit Abstand wichtigste ist die Bindung“, sagt Vaillant in einem Beitrag in der Neuen Zürcher Zeitung. „Dabei geht es nicht unbedingt um die Bindung zum Lebenspartner, sondern eher um die grundsätzliche Beziehung zu anderen Menschen“ – und zwar im Sinne einer menschenliebenden und einfühlsamen Verbindung.

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Ein wichtiger Faktor für ein gelungenes Leben ist auch die Art und Weise, wie die Menschen mit Schicksalsschlägen umgehen. „Jeder erlebt schwierige Situationen“, sagt Vaillant. Wie man dann damit umgehe, sei wesentlich für die Zukunft. Besonders erfolgreich sind die sogenannten „Adaptierer“, die sich altruistisch verhalten und versuchen, aus schwierigen Situationen für die Zukunft zu lernen.

„Sie kanalisieren ihre starken Gefühle oder aufkommenden Aggressionen so, dass sie innerlich keinen Schaden anrichten, beispielsweise mit Sport“, sagt Vaillant. Dagegen ist es unglücklich, Probleme nach innen oder außen zu projizieren, ohne sie zu verarbeiten. Denn dies führe zu psychischen Krankheiten und aggressivem Verhalten.

Glücksfaktoren: gute Partnerschaft, soziales Engagement, Freundschaften

Dass die Zufriedenheit des Menschen weit weniger von den Genen bestimmt wird, als bisher angenommen, geht auch aus einer Datenanalyse der Langzeitstudie Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) unter Mitwirkung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) hervor. So kann jeder Mensch sein Glück durch private und berufliche Entscheidungen selbst beeinflussen.

Das Wohlbefinden hängt vor allem von den Lebensumständen in fünf zentralen Bereiche ab: Partnerschaft, Lebensziele, soziale Kontakte, Lebensstil, Religiosität und das Verhältnis von Arbeit und Freizeit. Zu den Erfolgsfaktoren eines glücklichen Lebens zählen demnach eine gute Partnerschaft, soziales Engagement und Freundschaften.

Außerdem leben uneigennützige Menschen, die sich sozial oder politisch engagieren, glücklicher als Personen, die die eigene Karriere verfolgen und nach materiellen Zielen streben. Menschen sind am zufriedensten, wenn sie von Freunden umgeben sind.

Zu viel Egoismus und rein ökonomisches Wachstum können einer Gesellschaft nicht guttun. Nicht einfach haben es jedoch depressive Menschen. Ihnen fällt es schwerer, soziale Kontakte zu pflegen und regelmäßig Sport zu treiben.

Die Glücks-Formel: Haben, Lieben, Sein

Der Soziologe Prof. Jan Delhey von der Universität Magdeburg hat zahlreiche Umfragen zur Lebenszufriedenheit designt und ausgewertet. Als Quintessenz seiner Ergebnisse hat er eine Glücks-Formel entwickelt: Glück = 1/3 Haben + 1/3 Lieben + 1/3 Sein. Wer in diesen drei Kategorien gut aufgestellt ist, hat gute Chancen, ein glückliches Leben zu führen, sagt Delhey.

Demnach sind Menschen dann glücklich, wenn sie ausreichend Geld zur Existenzsicherung, liebevolle Beziehungen, gesellschaftlichen Zusammenhalt und nicht zuletzt einen Sinn im Leben haben.Deutschland geht es objektiv gesehen gut, legt man Maßstäbe wie Einkommen, Status und gesellschaftlichem Wohlstand an. In den auf Produktion, Konsum und Wachstum ausgerichteten Wohlstands-Gesellschaften wie unserer, sind die Bedürfnisse des Habens im Vergleich zu Entwicklungsländern bereits weitgehend abgedeckt.

Doch gute Lebensbedingungen wirken sich nur zum Teil auf das subjektive Wohlbefinden der Menschen aus, sagt Delhey. Hierzulande gibt es Defizite in anderen Bereichen. In Deutschland besteht vor allem Nachholbedarf in den Bereichen Lieben und Sein.

Schwächen in einem Bereich kann man nicht unbedingt durch Stärken in einem anderen Bereich ausgleichen. Der einsame Millionär ist nicht sehr glücklich mit seinem Leben, auch wenn er sich alle materiellen Wünsche erfüllen kann. Geld allein macht nicht glücklich.

World Happiness Report 2020: Wo leben weltweit die glücklichsten Menschen?

Wo leben weltweit die glücklichsten Menschen? Dieser Frage stellt sich der 2020 bereits zum achten Mal von der UN herausgegebene World Happiness Report und gibt einen Überblick zum aktuellen Stand des globalen Glücksempfindens. Der aktuellste Report wurde im März 2020 veröffentlicht und schließt die Auswirkungen der Corona-Krise noch nicht mit ein.

Der im Auftrag der Vereinten Nationen erstellte Bericht untersucht insgesamt 153 Länder und erfasst den Zustand des weltweit empfundenen Glücks und der Lebenszufriedenheit. Er verbindet statistische Daten einzelner Nationen mit Befragungen über die Selbstwahrnehmung der Menschen.

Berücksichtigt werden dabei unter anderem das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf, die durchschnittliche Lebenserwartung, die Sozial-Systeme, Gesundheit, Korruption und das Vertrauen in die Regierungspolitik. Wichtige Faktoren sind auch das subjektiv empfundene Glück und die gefühlte Freiheit, sein Leben selbst gestalten zu können. Aber auch negative Faktoren wie Sorgen, Trauer und Wut fließen mit in die Auswertung ein.

Auf der Siegertreppe der weltweit glücklichsten Nationen ganz oben steht Finnland, gefolgt von Dänemark, der Schweiz, Island, Norwegen, Holland, Schweden, Neuseeland, Österreich und Luxemburg. Ein Blick auf die Top Ten macht deutlich, dass das Glück vor allem in Europa zu Hause ist – die einzige Ausnahme bildet Neuseeland.

Und innerhalb Europas liegt der Schwerpunkt eindeutig im Norden, in den skandinavischen Ländern. Deutschland taucht im weltweiten Glücksranking dagegen erst auf Platz 17 auf, hinter Israel, Costa Rica und Irland und vor den USA, Tschechien und Belgien. Das Schlusslicht der Tabelle bilden Ruanda, Simbabwe, der Südsudan und Afghanistan.

Gründe für das Glück in Nordeuropa

Warum sind die Menschen in Nordeuropa so glücklich? Bereits seit dem Start des jährlich publizierten World Happiness Report im Jahr 2012 liegen Finnland, Dänemark, Norwegen, Schweden und Island in den Top Ten. Seit 2017 belegen drei skandinavische Nationen sogar die Spitzenplätze.

Die Gründe dafür liegen vor allem in der funktionierenden Demokratie, politischer Stabilität, einem fortschrittlichen Sozialsystem, Mangel an Korruption und einem hohen Vertrauen untereinander und in die politischen Institutionen. Auch weisen die skandinavischen Nationen hohe Einkommen, eine lange Lebenserwartung und ein gut ausgebautes soziales Netz auf.

Hinzu kommen positive Werte bei der gefühlten Sicherheit, dem sozialen Miteinander, der Gleichstellung der Geschlechter und der gerechten Einkommensverteilung. Die Nordeuropäer geben auch an, dass sie ihre Lebensentscheidungen sehr frei treffen können und gleichzeitig stets abgesichert sind.

Die glücklichsten Regionen Deutschlands: Der 10. Deutsche Post Glücksatlas

In welchen Regionen Deutschlands die glücklichsten Menschen leben, geht der Deutsche Post Glücksatlas regelmäßig auf den Grund. Im Herbst 2020 ist der neueste Bericht erschienen, im zehnten Jahr in Folge.

Untersucht wurde die Zufriedenheit der Deutschen in unterschiedlichen Lebensbereichen: Mit der Gesundheit, Arbeit, Wohnung, Freizeit sowie alles in allem, mit dem Leben insgesamt.

Unangefochtener Spitzenreiter im „Glücksranking“ der 14 deutschen Regionen bleibt wie in den vergangenen Jahren der hohe Norden. Demnach teilen sich Schleswig-Holstein und Hamburg den ersten Platz.

Platz drei geht an Baden-Württemberg, gefolgt von NRW, Bayern und Sachsen-Anhalt. Auf den untersten Rängen des deutschen Glücksatlas finden sich Mecklenburg-Vorpommern, Hessen, Rheinland-Pfalz/Saarland und Thüringen wider.

Gründe für das Glück in Norddeutschland

Doch woran liegt es, dass die Menschen im Norden Deutschlands so glücklich sind? Schleswig-Holstein steht bereits seit 2013 an der Spitze des Regionen-Vergleichs. Zweifelsohne ist die touristische Attraktivität Schleswig-Holsteins durch die Lage an Nord- und Ostsee sehr hoch und verspricht einen hohen Freizeitwert.

Obwohl das verfügbare Einkommen in Schleswig-Holstein nur leicht über dem deutschen Durchschnitt liegt, ist die Zufriedenheit mit dem Einkommen dennoch überdurchschnittlich hoch. Die Mietausgaben am Einkommen entsprechen etwa dem deutschen Durchschnitt.

Für die hohen Zufriedenheitswerte könnte auch die Nähe zu Dänemark ausschlaggebend sein, dem nach dem World Happiness Report 2020 zweit glücklichsten Land der Welt. Eine Studie der Universität Warwick zeigt: Je enger die Verwandtschaft zur dänischen Gesellschaft, desto höher ist das subjektive Wohlbefinden.

Darum liegt Bayern Süd trotz Wirtschafts- und Touristenboom nur auf Platz 5

Bayern ist das wirtschaftlich stärkste Bundesland und noch dazu ein ausgesprochener Touristenmagnet. Wie kommt es also, dass die Laptop- und Lederhosen-Region im Glücksatlas 2020 nur den 5. Platz belegt?

Mit den meisten Teilbereichen des Lebens sind die Bayern überdurchschnittlich zufrieden: Wirtschaftliche Stärke, hohes Durchschnitts-Einkommen, geringe Arbeitslosigkeit sowie ein hoher Freizeitwert durch Berge und Seen.

Allerdings schlagen die hohen Mietkosten aufs Gemüt, denn die Süddeutschen müssen einen deutlich höheren Anteil ihres Monatseinkommens für Miete ausgeben als die Menschen im Rest der Republik. Auch sonst sind die Lebenshaltungskosten in Bayern überdurchschnittlich hoch.

Leichter Rückgang des deutschen Glücksniveaus durch die Corona-Krise

Trotz erheblicher Einschnitte in das gesellschaftliche, wirtschaftliche und private Leben durch die Corona-Krise ist das Glücksniveau in Deutschland 2020 nur leicht gesunken.

Laut dem 10. Deutsche Post Glücksatlas erzielt die Lebenszufriedenheit der Bevölkerung im Krisenjahr 2020 auf einer Skala von 0 (nicht glücklich) bis 10 (sehr glücklich) einen Wert von 6,74 Punkten. Damit liegt das deutsche Glücksniveau lediglich 6 Prozent unter dem Allzeithoch des Vorjahres mit einem Rekordwert von 7,14 Punkten.

80 Prozent der Befragten waren froh, während der Corona Krise in einem Land wie Deutschland zu leben. In die Zukunft blicken die Deutschen wieder optimistisch. Ein Großteil der Befragten glaubt, in 2021 wieder genauso zufrieden zu sein wird wie vor der Pandemie.

Fazit: Ergebnisse der Glücksforschung

Die Glücksforschung steht zweifelsohne vor der großen Herausforderung, nach objektiven Kriterien allgemeingültige Voraussetzungen für einen subjektiv empfundenen Gefühls-Zustand zu finden. Das ist per se schwieriger als in einem naturwissenschaftlichen Experiment einen empirischen Beweis zu führen, der bei gleicher Versuchs-Anordnung immer wieder zu den gleichen Ergebnissen führt.

Eine ultimative Glücksformel nach dem Motto „One size fits all“ scheint es nicht zu geben. Dafür ist die menschliche Psyche einfach viel zu komplex. Messbare Rahmenbedingungen wie das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf, die durchschnittliche Lebenserwartung oder funktionierende Sozial-Systeme sind lediglich notwendige, aber bei weitem keine hinreichenden Bedingungen für das Glück des Einzelnen.

Denn jeder Mensch ist einzigartig und weist eine äußerst individuelle Mischung aus genetischer Veranlagung, äußeren Rahmenbedingungen und persönlicher Erfahrung auf.

Dennoch gibt es nach Auswertung der wissenschaftlichen Studien zentrale Grund-Voraussetzungen für das Glück. Zu den wichtigsten Glücksfaktoren zählen Gesundheit, liebevolle zwischenmenschliche Beziehungen, gesellschaftlicher Zusammenhalt, soziales Engagement und nicht zuletzt einen Sinn im Leben zu haben. Hinzu kommt die gefühlte Freiheit, sein Leben selbst gestalten zu können.

Natürlich brauchen die Menschen auch ausreichend finanzielle Mittel zur Existenzsicherung, doch Geld allein macht nicht glücklich. Denn übertriebener Egoismus und ein ausschließliches Streben nach materiellen Zielen wirken sich negativ auf unser Glücksempfinden aus.

Letztendlich liegt der Schlüssel zum Glück größtenteils allein in unserer Hand. Und das trotz der unkontrollierbaren Faktoren, die wir nicht beeinflussen können. Wie das Land oder das familiäre Umfeld, in das wir hineingeboren wurden oder den Genen, die uns die Vorfahren in die Wiege gelegt haben.

Es kommt darauf an, was wir aus unserer individuellen Situation machen und welche Entscheidungen wir treffen. Wie wir mit Schicksalsschlägen umgehen und wie wir Chancen erkennen und ergreifen. Glück ist letztendlich, das meiste aus dem zu machen, was man ist. Denn nur in uns selbst liegen die Sterne des Glücks.

Bild: Unsplash

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