Die zentrale Frage in Albert Camus Werk „Der Mythos des Sisyphos“ lautet: Wie kann der Mensch in einer absurden Welt Sinn finden? Für den Nobelpreisträger und Existenzialisten befindet sich der Mensch ohne Gott und ohne die Aussicht, nach dem Tod weiter zu existieren, zunächst in einer absurden Situation. Das Absurde besteht für Camus in dem Spannungsverhältnis zwischen der Sinnlosigkeit der Welt und der Sehnsucht des Menschen nach Selbstverwirklichung. Statt resigniert aufzugeben fordert Camus dazu auf, das Absurde anzunehmen und dagegen zu revoltieren. So kann der Mensch schließlich zur Freiheit finden.
Existenzialismus: das Leben an sich hat keinen Sinn
Es gibt keinen Gott, kein Leben nach dem Tod und das Leben an sich hat keinen Sinn. Von dieser schwarzen Vorstellung geht der Existentialismus aus, eine philosophische Strömung, die in den 1940er Jahren in Frankreich begann und die Sinnfrage in den Mittelpunkt stellt. Demnach ist der Mensch das einzige Lebewesen, das sich seiner Existenz bewusst ist und erkennt, dass es irgendwann sterben muss. Der Tod ist das einzige, das schon vorgegeben ist, man kann ihm nicht entrinnen.
Albert Camus und das Absurde
Der Philosoph Albert Camus ist davon überzeugt, dass dem Leid und dem Elend in der Welt kein Sinn abzugewinnen ist. Im Zentrum seiner Philosophie steht das Absurde. Der Mensch fühlt, wie fremd ihm alles ist, er erkennt die Sinnlosigkeit der Welt und stürzt in tiefe existentielle Krisen. Für Camus besteht das Absurde in der Erkenntnis, dass das menschliche Streben nach Sinn in einer sinnleeren Welt vergeblich ist.
Warum leben, wenn doch ohnehin alles sinnlos ist?
Da drängt sich die Frage auf: Warum leben, wenn doch ohnehin alles sinnlos ist? Wäre Selbstmord nicht die einzige Lösung, sich aus der Absurdität zu befreien? NEIN! Diese Schlussfolgerung lehnt der im Privaten äußerst lebenslustige Albert Camus entschieden ab. Suizid würde bedeuten, dem Absurden zu erliegen. Nach Camus muss das Absurde nicht notwendigerweise der Bejahung des Lebens und dem Glück des Menschen widersprechen. Doch wie kann das sein? Und vor allem: Was sollen wir tun?
Der Mensch muss immer weiter nach vorne streben
Der Mensch muss die Absurdität seiner Lage erkennen, akzeptieren und sich als ein freies Wesen annehmen, sagt Albert Camus. Die Lösung sieht er in dem aktiven, auf sich allein gestellten Menschen, der unabhängig von einem Gott selbstbestimmt ein Bewusstsein neuer Möglichkeiten entwickelt, um sein Schicksal selbst zu überwinden: durch Auflehnung, Widerspruch und innere Revolte. Trotz allem soll der Mensch aktiv handeln und immer weiter nach vorne streben. Albert Camus sagt:
„Was bleibt, ist ein Schicksal, bei dem allein das Ende fatal ist. Abgesehen von dieser einzigen fatalen Unabwendbarkeit des Todes ist alles, sei es Freude oder Glück, nichts als Freiheit. Es bleibt eine Welt, in der der Mensch der einzige Herr ist.“
Sisyphos als Sinnbild des „absurden“ Menschen
Sinnbild des „absurden“ Menschen ist für Camus die griechische Sagengestalt Sisyphos. Für dessen Frevel gegen die Götter wird ihm in der Unterwelt eine perfide Strafe auferlegt: Auf ewig muss Sisyphos einen Felsblock einen Berg hinauf wälzen, der, fast am Gipfel angekommen, jedes Mal wieder ins Tal rollt. Eine sinnlose und schwere Arbeit, ohne absehbares Ende.
Doch auch dieser Sinnlosigkeit kann Camus etwas Positives abgewinnen: Indem Sisyphos seine Strafe erträgt, annimmt, sich aber nicht von der Bürde der ewigen Qual erschüttern lässt, sondern die Götter verlacht, zeigt er die Größe des modernen Menschen, der sein absurdes Schicksal bewusst lebt.
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Zitat Albert Camus, der Mythos des Sisyphos
„Darin besteht die verborgene Freude des Sisyphos. Sein Schicksal gehört ihm. Sein Fels ist seine Sache. … Der absurde Mensch sagt ja, und seine Anstrengung hört nicht mehr auf. Wenn es ein persönliches Geschick gibt, dann gibt es kein übergeordnetes Schicksal…
Darüber hinaus weiß er sich als Herr seiner Tage. In diesem besonderen Augenblick, in dem der Mensch sich seinem Leben zuwendet, betrachtet Sisyphos, der zu seinem Stein zurückkehrt, die Reihe unzusammenhängender Handlungen, die sein Schicksal werden, als von ihm geschaffen, vereint unter dem Blick seiner Erinnerung und bald besiegelt durch den Tod…
Dieses Universum, das nun keinen Herrn mehr kennt, kommt ihm weder unfruchtbar noch wertlos vor. Jeder Gran dieses Steins, jedes mineralische Aufblitzen in diesem in Nacht gehüllten Berg ist eine Welt für sich. Der Kampf gegen Gipfel vermag ein Menschenherz auszufüllen. Wir müssen uns Sisyphos als einen glücklichen Menschen vorstellen.“
Bilder: Pixabay / Rowohlt Verlag
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