Die Kunst ein glückliches Leben zu führen steht im Zentrum von Arthur Schopenhauers Klassiker „Aphorismen zur Lebensweisheit“. In seinem populärsten Werk vereint er Philosophie, Menschenkenntnis und eigene Lebenserfahrung mit bestechender Klarheit zu einem pointierten Ratgeber. Generell geht Schopenhauers pessimistische Philosophie zwar davon aus, dass unser ganzes Leben besser gar nicht wäre. In seinen Aphorismen gibt er aber dennoch wirksame Ratschläge, wie unser Dasein leichter zu meistern ist. Die höchsten Werte zum Glück sieht er in der Persönlichkeit, einem edlen Charakter und fähigen Kopf, den geringsten in Reichtum und ausschweifenden Vergnügungen. Denn „Das Schicksal kann sich ändern, die eigene Beschaffenheit nicht“. Seine praktischen Ratschläge für ein gelingendes Leben in einer leidvollen Welt haben bis heute nichts an Aktualität verloren. Lesen Sie hier die wichtigsten Kernaussagen und Zitate.
Klassiker: Aphorismen zur Lebensweisheit
Trotz allem hat sich Arthur Schopenhauer in den Aphorismen zur Lebensweisheit entschieden, einen Glücks-Ratgeber zu schreiben. Den Widerspruch zu seinem pessimistisch geprägten philosophischen Hauptwerk erklärt er in der Einleitung: „Ich nehme den Begriff der Lebensweisheit hier gänzlich … in der Kunst, das Leben möglichst angenehm und glücklich durchzuführen“. Als Anleitung zu einem glücklichen Dasein, das dem Nichtsein entschieden vorzuziehen wäre.
Dabei setzt er voraus, dass wir am Leben um seiner selbst willen hängen und nicht bloß aus Furcht vor dem Tod und dass wir das Leben von endloser Dauer sehen möchten. Allerdings fügt er hinzu: „Meine Philosophie verneint, dass das menschliche Leben einem solchen Dasein entspricht“.
Für Schopenhauer lässt sich der Unterschied im Los der Sterblichen im Grunde auf drei Grundbestimmungen zurückführen, in die er auch sein Buch gliedert:
- Was einer ist: die Persönlichkeit (Gesundheit, Kraft, Schönheit, Temperament, moralischer Charakter, Intelligenz und Ausbildung)
- Was einer hat: Eigentum und Besitz
- Was einer vorstellt: Was er in der Vorstellung anderer ist, in ihrer Meinung von ihm (Ehre, Rang und Ruhm).
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Die subjektive Wirklichkeit ist für das Glück entscheidend
Die Hauptsache für das Glück und Wohlsein des Menschen liegt für Schopenhauer im Bewusstsein jedes einzelnen Menschen – als das, was in ihm selbst besteht oder vergeht. Darin liegt unmittelbar sein inneres Behagen oder Unbehagen, während alles außerhalb Gelegene nur einen mittelbaren Einfluss darauf hat. „Bei gleicher Umgebung lebt doch jeder in einer anderen Welt. Nur mit seinen eigenen Vorstellungen Gefühlen und Willensbewegungen hat er es unmittelbar zu tun“, so Schopenhauer. Denn verschiedene Menschen empfinden die gleiche Begebenheit völlig unterschiedlich. Die Quelle des Glücks liegt also in dem, was einer ist.
Zitate Arthur Schopenhauer:
Jede Wirklichkeit, jede erfüllte Gegenwart, besteht aus zwei Hälften, Subjekt und Objekt. Bei völlig gleicher objektiver Hälfte, aber verschiedener subjektiver, ist die gegenwärtige Wirklichkeit eine ganz andere. Jeder steckt in seinem Bewusstsein, wie in seiner Haut und lebt unmittelbar nur in demselben: daher ist ihm von außen nicht zu helfen. Die Unterschiede des Reichtums und Ranges geben jedem seine Rolle zu spielen, aber … in jedem steckt der selbe, arme Tropf, mit seiner Not und Plage, die wohl dem Stoffe nach bei jedem eine andere ist, aber der Form, dem eigentlichen Wesen nach, so ziemlich bei allen dieselbe.
Weil alles, was für den Menschen da ist, unmittelbar nur in seinem Bewusstsein da ist. Somit ist die Beschaffenheit des Bewusstseins das Wesentliche … Deswegen hängt das Glück sehr von dem ab, was wir sind, von unserer Individualität, während man meist nur unser Schicksal, nur das was wir haben oder was wir vorstellen, in Anschlag bringt.“
Die Persönlichkeit ist das wichtigste für unser Lebensglück
Für unser Lebensglück ist für Schopenhauer ganz klar die Persönlichkeit, also das, was wir sind, das allerwichtigste. Weil sie beständig und immer wirksam ist. Denn die Persönlichkeit ist auch nicht wie die Güter dem Schicksal unterworfen und kann uns deshalb auch nicht wie diese entrissen werden. Allerdings sieht Schopenhauer die Persönlichkeit, das Subjektive, jure divino eingetreten, was für das ganze Leben unveränderlich feststeht.
Das einzige, was in unserer Macht steht, ist, dass wir die gegebene Persönlichkeit zum möglichsten Vorteil nutzen können. Deswegen sollten wir nur die unserer Persönlichkeit entsprechenden Bestrebungen verfolgen und uns um die Art von Ausbildung bemühen, die der Persönlichkeit angemessen ist, jede andere aber meiden. Das heißt, wir sollen den Stand, die Beschäftigung und die Lebensweise wählen, die zu unserer individuellen Persönlichkeit passt.
Für Schopenhauer ist es folglich für jeden Menschen weiser, auf die Erhaltung seiner Gesundheit und auf die Ausbildung seiner Fähigkeiten hinzuarbeiten, als auf den Erwerb von Reichtum. Dabei sollte man natürlich nicht den Erwerb des nötigen und angemessenen Einkommens vernachlässigen.
Reichtum und materieller Überfluss machen nicht glücklich
Großer Reichtum und materieller Überfluss vermögen für Schopenhauer nur wenig zu unserem Glück beizutragen. Im Gegenteil. Viele Reiche fühlen sich unglücklich, weil sie ohne irgendein objektives Interesse sind, das sie zu geistiger Beschäftigung führen könnte. Was leistet Reichtum über die Befriedigung der natürlichen Bedürfnisse hinaus? Lediglich die Sorge über den Erhalt eines großen Besitzes, so Schopenhauer. Dennoch sind die Menschen tausend mal mehr bemüht, sich Reichtum statt Geistesbildung zu erwerben.
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Zitate Arthur Schopenhauer:
Gar manchen daher sehen wir, in rastloser Geschäftigkeit, emsig wie die Ameise, vom Morgen bis zum Abend bemüht, den schon vorhandenen Reichtum zu vermehren. Über den engen Gesichtskreis hinaus kennt er nichts: Sein Geist ist leer, daher für alles andere unempfänglich. Die höchsten Genüsse, die geistigen, sind ihm unzugänglich. Durch die flüchtigen, sinnlichen, wenig Zeit, aber viel Geld kostenden, die er zwischendurch sich erlaubt, sucht er vergeblich jene andern zu ersetzen. Am Ende seines Lebens hat er dann, als Resultat, wenn das Glück gut war, wirklich einen großen Haufen Geld, welchen noch zu vermehren, oder aber durchzubringen, er jetzt seinen Erben überlässt.
Die Leere ihres Innern, das Fade ihres Bewusstseins, die Armut ihres Geistes, treibt sie zur Gesellschaft. Da wird dann gemeinsame Jagd gemacht auf Kurzweil und Unterhaltung, die sie zunächst in sinnlichen Genüssen, Vergnügungen und Ausschweifungen suchen. Die Quelle der Verschwendung, die manch reicher Familiensohn sein großes Erbe in unglaublich kurzer Zeit durchbringt, ist nur die Langeweile, welche aus der Armut und Leere des Geistes entspringt. Äußerlich reich, innerlich arm, versucht er vergeblich, durch den Äußeren den inneren Reichtum zu ersetzen und führt am Ende auch die äußere Armut herbei.
Von dem, was einer ist
Für Schopenhauer kommt es also in erster Linie darauf an, was einer ist und an sich selber hat. Denn seine Individualität begleitet den Menschen stets und überall und von ihr hängt alles ab, was er erlebt. Deshalb kommt es weniger darauf an, was einem im Leben begegnet und widerfährt, sondern wie man es empfindet, im Guten wie im Schlimmen – von schweren Unglücksfällen einmal abgesehen.
Verschiedene Menschen haben sehr unterschiedliche Empfänglichkeit für angenehme und unangenehme Eindrücke. Deswegen lacht der eine noch bei dem, was den anderen fast zur Verzweiflung bringt. „Wenn dem mürrischen von zehn Vorhaben neun gelingen, freut er sich nicht über diese, sondern ärgert sich über das eine misslungene. Der Fröhliche weiß sich doch mit dem einen gelungenen zu trösten und aufzuheitern“, so Arthur Schopenhauer.
Zitat Arthur Schopenhauer:
Was einer in sich ist und an sich selber hat, kurz die Persönlichkeit und deren Wert, ist das allein Unmittelbare zu seinem Glück und Wohlsein. Allein die Beschaffenheit des Bewusstseins ist das Bleibende und die Individualität wirkt fortdauernd, anhaltend in jedem Augenblick. Alles andere wirkt hingegen nur vorübergehend und ist zudem auch noch selbst dem Wandel unterworfen.
Nach Aristoteles sind die Naturanlagen sicher, die Schätze nicht. Das Schicksal kann sich ändern, die eigene Beschaffenheit nicht. Demnach sind die subjektiven Güter, wie ein edler Charakter, ein fähiger Kopf, ein glückliches Temperament, ein heiterer Sinn und ein wohlbeschaffener, völlig gesunder Leib, die wichtigsten für unser Glück. Darauf sollten wir mehr achten, als auf den Besitz von äußeren Gütern und Ehre. Nicht, was die Dinge objektiv und wirklich sind, sondern was sie für uns in unserer Auffassung sind, macht uns glücklich oder unglücklich, sagt Schopenhauer.
Die Feinde des Glücks: Schmerz und die Langeweile
Die beiden großen Feinde des menschlichen Glücks sind für Arthur Schopenhauer der Schmerz und die Langeweile. Denn Not und Entbehrung verursachen Schmerz – Sicherheit und Überfluss dagegen Langeweile. So befindet sich seiner Ansicht nach die „niedere Volksklasse“ in einem Kampf gegen die Not, die reiche Welt im Kampf gegen die Langeweile.
Zitat Arthur Schopenhauer:
Die innere Leerheit ist die wahre Quelle der Langeweile, die stets nach äußerer Erregung lechzt um Geist und Gemüt durch irgendetwas in Bewegung zu bringen. Hauptsächlich aus dieser inneren Leerheit entspringt die Sucht nach Gesellschaft, Zerstreuung, Vergnügen und Luxus jeder Art, welche viele zur Verschwendung und dann zum Elend führen.
Der normale Mensch stützt sein Lebensglück auf den Genuss seines Lebens und ist auf äußerliche Dinge angewiesen, auf Weib und Kinder, Freunde, Gesellschaft und vieles mehr. Deswegen fällt sein Glück dahin, wenn er sie verliert, oder er sich in ihnen getäuscht sah.
Denn alle äußeren Quellen des Glücks und Genusses sind höchst unsicher, misslich, vergänglich und dem Zufall unterworfen. Im Alter versiegen diese Quellen fast alle, da verlässt uns Liebe, Scherz, Reiselust und die Freunde und Verwandte entführt uns der Tod. Dann kommt es mehr denn je darauf an, was einer selbst an sich hat – das allein bleibt die beständige Quelle des Glücks
„Es ist eine große Torheit, um nach außen zu gewinnen, nach innen zu verlieren“, schreibt Schopenhauer. Denn die Hauptquelle des menschlichen Glücks entspringt im eigenen Innern.
Der Reichtum des Geistes und die Einsamkeit
Vor dem Elend der Langeweile bewahrt für Schopenhauer nichts so sicher, wie der innere Reichtum, der Reichtum des Geistes. Denn die unerschöpfliche Regsamkeit der Gedanken lässt der Langeweile immer weniger Raum. Der geistreiche Mensch wird vor allem nach Schmerzlosigkeit, Ruhe und Muße streben und ein stilles, bescheidenes, möglichst unangefochtenes Leben suchen.
Außerdem wird er sich von anderen Menschen zurückziehen und bei großem Geist die Einsamkeit wählen. Für Schopenhauer führt die Eminenz des Geistes zur Ungeselligkeit: „Ja, wenn die Qualität der Gesellschaft sich durch die Quantität ersetzen ließe, da wäre es der Mühe wert, sogar in der großen Welt zu leben. Aber leider geben hundert Narren, auf einem Haufen, noch keinen gescheiten Mann“, sagt Schopenhauer.
Wer dagegen Kurzweil und Gesellschaft um jeden Preis sucht, der flieht letztendlich vor sich selbst. Denn in der Einsamkeit zeigt sich, was einer an sich selber hat. „Demgemäß wird jeder in genauer Proportion zum Werte seines eigenen selbst die Einsamkeit fliehen, ertragen oder lieben. Denn in ihr fühlt der jämmerliche seine ganze Jämmerlichkeit, der große Geist seine ganze Größe, kurz, jeder sich, als was er ist“, sagt Schopenhauer.
Die gewöhnlichen Leute sind bloß darauf bedacht, die Zeit zuzubringen – wer irgendein Talent hat, sie zu benutzen. Das Beste muss jeder sich selber sein und leisten. Je mehr ein Mensch die Quelle seiner Genüsse in sich selbst findet, desto glücklicher wird er sein.
3 Arten möglicher Genüsse
Die ursprüngliche Bestimmung der Kräfte, mit denen die Natur den Menschen ausgerüstet hat, ist der Kampf gegen die Not, die ihn von allen Seiten bedrängt, so Schopenhauer. Wenn die Not überwunden ist, werden dem Mensch jedoch die unbeschäftigten Kräfte zur Last. Um nicht der Langeweile anheim zu fallen, wird er mit diesen Kräften spielen, das heißt sie zwecklos gebrauchen. Bei diesen zwecklosen Spielen zählt Schopenhauer drei Arten möglicher Genüsse auf, aus denen jeder Mensch die ihm angemessenste auswählen wird:
- Genüsse der Reproduktionskraft (Essen, Trinken, Ruhen Schlafen)
- Genüsse der Irritabilität (Wandern, Springen, Reiten, Tanzen, athletischen Spielen jeder Art, Jagd, Kampf oder Krieg)
- Genüsse der Sensibilität (Denken, Empfinden, Dichten, Musizieren, Lernen, Lesen, Meditieren, Erfinden, Philosophieren)
Für Schopenhauer sind die intellektuellen Genüsse die wertvollsten, alle anderen sind niedrigerer Art. Je edlerer Art der Genuss ist, desto größer wird das bestehende Glück bei dessen häufiger Wiederkehr. Bei nicht intellektuellen Genüssen tritt mit dem Erreichen in der Regel Enttäuschung ein. Dagegen wird bei intellektuellen Genüssen die Wahrheit immer klarer durch den fortwährenden Zuwachs an Einsicht und Erkenntnis, es gibt eine beständige Steigerung, wie bei einem werdenden Kunstwerk. Ein bloß auf persönliche Wohlfahrt ausgerichtetes Leben ist nur auf einen Zuwachs in der Länge, nicht in der Tiefe aus.
Die eigenen Potenziale entfalten
Doch wofür sollte man seine Kräfte sinnvoll zum eigenen Glück einsetzen? Man sollte seine Persönlichkeit und seine angeborenen Fähigkeiten und Stärken weiterentwickeln. Schopenhauer zitiert Aristoteles, dass das Glück eines Menschen in der ungehinderten Ausübung seiner hervorstechenden Fähigkeiten besteht: „Seine Trefflichkeit, welcher Art sie auch sei, ungehindert üben zu können, ist das eigentliche Glück.“ Und er ergänzt Goethes Ausspruch im Wilhelm Meister: „Wer mit einem Talent zu einem Talent geboren ist, findet in demselben sein schönstes Dasein.“
Daher ist für Schopenhauer eine Tätigkeit, etwas zu treiben, wenigstens etwas zu lernen zum Glück des Menschen unerlässlich. Denn seine Kräfte verlangen nach ihrem Gebrauch und er möchte den Erfolg irgendwie wahrnehmen.
Zitate Arthur Schopenhauer:
Die größte Befriedigung jedoch, gewährt es etwas zu machen, zu fertigen, sei es ein Korb, ein Buch. Aber dass man ein Werk unter seinen Händen täglich wachsen und endlich seine Vollendung erreichen sehe, beglückt unmittelbar. Dies leistet ein Kunstwerk, eine Schrift, ja selbst eine bloße Handarbeit. Je edlerer Art, desto höher der Genuss.
Inzwischen treibe jeder etwas nach Maßgabe seiner Fähigkeiten. Sich zu mühen und mit Widerständen zu kämpfen ist dem Menschen Bedürfnis, wie dem Maulwurf das Graben. Der Stillstand wäre ihm unerträglich. Hindernisse überwinden ist der Vollgenuss des Daseins.“
Von dem, was einer hat
Sein Kapitel „Von dem, was einer hat“ beginnt Arthur Schopenhauer mit dem griechischen Glücksphilosophen Epikur, der die Bedürfnisse des Menschen in drei Klassen eingeteilt hat:
- 1. Die natürlichen und notwendigen Bedürfnisse (z.B. Ernährung und Kleidung): Wenn sie nicht befriedigt werden, verursachen sie Schmerzen. Allerdings sind sie relativ leicht zu befriedigen.
- 2. Die natürlichen, jedoch nicht notwendigen Bedürfnisse (z.B. die Geschlechtsbefriedigung). Dieses Bedürfnis zu befriedigen fällt schon schwerer.
- 3. Die weder natürlichen noch notwendigen Bedürfnisse (Luxus, Üppigkeit, Prunk): Sie sind endlos und ihre Befriedigung ist sehr schwer.
Doch die Grenze unserer Wünsche zu bestimmen ist schwierig, so Schopenhauer. Denn die Zufriedenheit jedes einzelnen Menschen beruht nicht auf einer absoluten, sondern auf einer bloß relativen Größe, nämlich auf dem Verhältnis zwischen seinen Ansprüchen und seinem Besitz.
Die Güter, die dem einen Menschen nie zu beanspruchen in den Sinn gekommen sind, entbehrt er nicht, er ist auch ohne sie völlig zufrieden. Dagegen fühlt sich ein anderer, der hundert mal mehr besitzt als dieser, unglücklich, weil ihm Eines abgeht. „Der Reichtum gleicht dem Seewasser: je mehr man davon trinkt, desto durstiger wird man. Dasselbe gilt vom Ruhm“, sagt Schopenhauer.
Zitate Arthur Schopenhauer:
Bei einem Glücksfall wird der Kompressor unserer Ansprüche hinaufgeschoben, und sie dehnen sich aus: hierin liegt die Freude. Aber auch sie dauert nicht länger, als bis diese Operation gänzlich vollzogen ist. Wir gewöhnen uns an das erweiterte Maß der Ansprüche und werden gegen den demselben entsprechenden Besitz gleichgültig. Die Quelle unserer Unzufriedenheit liegt in unsern stets erneuerten Versuchen, den Faktor der Ansprüche in die Höhe zu schieben, bei der Unbeweglichkeit des anderen Faktors, der es verhindert.
Beim Anblick dessen, was wir nicht besitzen, steigt der Gedanke auf: Wie, wenn das mein wäre? Und er macht uns die Entbehrung fühlbar. Statt dessen sollten wir öfter fragen: Wie, wenn das nicht mein wäre? Das was wir besitzen, sollten wir bisweilen so ansehen, als ob wir es verloren hätten: Eigentum, Gesundheit, Freunde, Weib oder Kind. Denn meist belehrt uns erst der Verlust über den Wert der Dinge.
Maximen: Lieber Schmerzen vermeiden, als Vergnügungen ausleben
Als die oberste Regel aller Lebensweisheit sieht Arthur Schopenhauer einen Satz, den Aristoteles beiläufig ausgesprochen hat: „Nicht dem Vergnügen, der Schmerzlosigkeit geht der Vernünftige nach.“
Denn neun Zehntel unseres Glücks beruhen auf der Gesundheit. Sie überwiegt alle äußeren Güter so sehr, dass ein gesunder Bettler glücklicher ist, als ein kranker König. Schopenhauer verdeutlicht das an einem einfachen Beispiel. Wenn der ganze Leib gesund ist, bis auf eine kleine Wunde, dann wird man sich nicht der Gesundheit des ganzen Körpers bewusst. Sondern die Aufmerksamkeit ist stets auf den Schmerz der verletzten Stelle gerichtet und das Behagen der gesamten Lebensempfindung ist aufgehoben.
Deshalb sollte der Mensch als Resultat seines Lebens nicht die Rechnung nach den Freuden, die er genossen hat machen, sondern nach den Übeln, denen er entgangen ist.
Zitate Arthur Schopenhauer:
Allerdings ist das Leben nicht da, um genossen, sondern um überstanden zu werden. Demnach hat der das glücklichste Los, der sein Leben ohne übergroße Schmerzen – sowohl geistige, als auch körperliche – hinbringt. Kommt zu einem schmerzlosen Zustand noch die Abwesenheit der Langeweile hinzu, so ist das irdische Glück im Wesentlichen erreicht.
Daraus folgt, dass man nie Genüsse durch Schmerzen erkaufen soll. Gut, wenn man Genüsse opfert, um Schmerzen zu entgehen. Es ist wirklich die größte Verkehrtheit, diesen Schauplatz des Jammerns in einen Lustort verwandeln zu wollen und statt der möglichsten Schmerzlosigkeit, Genüsse und Freuden sich zum Ziele zu stecken.
Viel weniger irrt, wer diese Welt mit finsterem Blicke als eine Art Hölle ansieht und nur darauf bedacht ist, sich darin eine feuerfeste Stube zu verschaffen.
Während wir von Leiden frei sind, spiegeln unruhige Wünsche uns die Chimären des Glücks vor, das gar nicht existiert und verleiten uns sie zu verfolgen. Dadurch bringen wir den Schmerz, der unleugbar real ist, auf uns herab. Dann jammern wir über den verlorenen schmerzlosen Zustand, der wie ein verscherztes Paradies hinter uns liegt und wünschen vergeblich, das Geschehene ungeschehen machen zu können. So scheint es, als ob ein böser Dämon uns aus dem schmerzlosen Zustand, der das höchste wirkliche Glück ist, stets herauslockte durch die Gaukelbilder der Wünsche.
Glück und Genuss sind eine Fata Morgana, die, nur aus der Ferne sichtbar, verschwindet, wenn man herangekommen ist. Hingegen haben Schmerz und Leid Realität. Um nicht sehr unglücklich zu werden, ist das sicherste Mittel, nicht zu verlangen, sehr glücklich zu sein.“
Allein die Gegenwart ist real und gewiss
„Viele leben zu sehr in der Gegenwart, die Leichtsinnigen. Andere zu sehr in der Zukunft – die Ängstlichen“, sagt Arthur Schopenhauer. Die letzteren sind wie Esel, an deren Kopf ein Stock mit einem Bündel Heu hängt, das sie stets dicht vor sich sehen und zu erreichen hoffen. Doch sie betrügen sich selbst, indem sie stets nur ad interim leben, bis sie tot sind. Statt sich also stets mit Sorgen für die Zukunft zu beschäftigen oder uns der Sehnsucht nach der Vergangenheit hinzugeben, sollten wir nie vergessen, dass die Gegenwart allein real und gewiss ist.
Für Schopenhauer ist die Gegenwart allein die real erfüllte Zeit und ausschließlich in ihr liegt unser Dasein. Man sollte sie sich so angenehm wie möglich machen. Er hält es für töricht, eine gute gegenwärtige Stunde von sich zu stoßen, oder sie sich aus Verdruss über das Vergangene oder Besorgnis wegen des Kommenden mutwillig zu verderben. „Geistesruhe ist nötig, um die Gegenwart und somit das ganze Leben genießbar zu finden“, so Schopenhauer.
Nur solche künftigen Übel sind berechtigt uns zu beunruhigen, die gewiss sind und deren Eintrittszeit ebenfalls gewiss ist. Doch das werden nur wenige sein. „Denn die Übel sind entweder bloß möglich, allenfalls wahrscheinlich oder sie sind gewiss, aber ihre Eintrittszeit ist völlig ungewiss“, so Schopenhauer. Lässt man sich auf diese beiden Arten ein, so hat man keinen ruhigen Augenblick mehr. Deswegen sollten wir ungewisse Übel ansehen, als kämen sie nie. Und gewisse Übel so, als kämen sie nicht allzu bald.
Wie sollten wir aber mit einem unglücklichen Ereignis umgehen, das bereits eingetreten und nicht mehr zu ändern ist? Wenn wir daran denken, wie schön es vorher war, dann steigern wir den Schmerz ins unerträgliche. Zu unserer unmittelbaren Erleichterung bei Unglücksfällen kann beitragen, wenn wir uns auf den fatalistischen Standpunkt flüchten, dass alles, was geschieht, notwendig eintritt und unabwendbar ist. Doch diese Regel hält Schopenhauer für einseitig. Zudem sollten wir uns Fehler eingestehen und sie uns in ihrer ganzen Größe deutlich vor Augen führen, um den Vorsatz sie künftig zu vermeiden fest fassen zu können.
Zitate Arthur Schopenhauer:
Der heutige Tag kommt nur einmal und nimmer wieder. Aber wir wähnen, er komme morgen wieder, morgen ist jedoch ein anderer Tag, der auch nur einmal kommt. Wir vergessen, dass jeder Tag ein unersetzlicher Teil unseres Lebens ist. Auch würden wir die Gegenwart besser würdigen und genießen, wenn wir uns der guten und gesunden Tage stets bewusst wären.
Aber wir verleben unsere schönen Tage, ohne sie zu bemerken. Erst wenn die schlimmen kommen, wünschen wir jene zurück. Tausend heitere Stunden lassen wir mit verdrießlichem Gesicht ungenossen an uns vorüberziehen, um ihnen nachher zu trüber Zeit mit vergeblicher Sehnsucht nachzuseufzen.“
Fazit zu den „Aphorismen der Lebensweisheit“ von Arthur Schopenhauer
Die Aphorismen der Lebensweisheit von Arthur Schopenhauer sind nicht umsonst das populärste Werk des Philosophen und auch noch in unserer Zeit äußerst lesenswert. Bis heute haben seine tiefen Lebensweisheiten und Ratschläge nichts an Aktualität und praktischem Lebensbezug verloren. Deswegen ist dieses Buch für alle Sinn- und Glückssucher mehr als empfehlenswert. Die hier zitierten Inhalte zeigen nur einen Teil seines Werkes. Die weiteren Schwerpunkte des Buches, wie „Unser Verhalten gegen andere betreffend“ oder „Unser Verhalten den Weltlauf und das Schicksal betreffend“ sind nicht weniger spannend, tiefgründig und inspirierend.
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Über Arthur Schopenhauer: Vom verkannten Genie zum populären Philosophen
Zu Lebzeiten fühlte sich Arthur Schopenhauer (1788–1860) zunächst als verkanntes Genie, das von Kollegen und der gebildeten Öffentlichkeit gemieden wurde. Er galt als Pessimist („Alles Leben ist Leiden“) und zynischer Eigenbrötler, der die Einsamkeit der Gesellschaft vorzog. Erst im letzten Jahrzehnt seines Lebens veröffentlichte er die Aphorismen zur Lebensweisheit, in denen er einfach formulierte Nachträge zu seiner Philosophie nachreichte.
Die Aphorismen machten Schopenhauer plötzlich schlagartig berühmt und verhalfen auch seinem philosophischen Hauptwerk zum Durchbruch. So stieg der pessimistische Sonderling und geniale Denker zu einem der einflussreichsten und meist gelesenen Philosophen des 19. Jahrhunderts auf.
Pessimismus als roter Faden in Schopenhauers Philosophie
Insgesamt begründete die Philosophie Schopenhauers ein System des empirischen und metaphysischen Pessimismus. „Wer vollends die Lehre meiner Philosophie in sich aufgenommen hat, weiß, dass unser ganzes Dasein etwas ist, das besser nicht wäre und welches zu verneinen und abzuweisen die größte Weisheit ist“, so Schopenhauer.
Dass der Welt ein irrationales Prinzip zugrunde liegt postulierte er in seinem Hauptwerk „Die Welt als Wille und Vorstellung“. Für Schopenhauer ist die Welt ein „Jammertal“, voller Leiden. Alles Glück ist Illusion, alle Lust nur negativ. Der rastlos strebende Wille wird durch nichts endgültig befriedigt. Der blinde, vernunftlose Weltwille ist für Schopenhauer die absolute Urkraft und somit das Wesen der Welt. Die Vernunft ist nur Dienerin dieses irrationalen Weltwillens. Die Welt – als Erzeugnis dieses grundlosen Willens – ist durch und durch schlecht, etwas, das nicht sein sollte, heißt es bei Wikipedia.
Doch als Konsequenz daraus Selbstmord zu begehen, ist für Schopenhauer keine Lösung. Weil der metaphysische Wille umgehend eine neue Form findet und so das Lebensrad aufs Neue in Gang bringt. Der Mensch ist jedoch als höchstes irdisches Wesen in der Lage, den Willen für sich zu negieren: „Erkenntnis der Einheit aller Wesen und Askese, Verneinung des Willens zum Leben allein kann uns erlösen, nicht der Selbstmord, der nur die individuelle Erscheinung des Allwillens vernichtet“, so Arthur Schopenhauer.
Weitere Informationen bei der Schopenhauer-Gesellschaft und dem Arthur – Schopenhauer – Studienkreis
Bilder: Unsplash, Pixabay / Cover: Nikol Verlag
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