Interview mit Stefan Weiss: „Der Mai Tai trinkende Mönch und die Lehre der Authentizität”

by Hofelich
Interview mit Stefan Weiss: „Der Mai Tai trinkende Mönch und die Lehre der Authentizität”

Stefan Weiss vermittelt in seinem Buch „Der Mai Tai trinkende Mönch und die Lehre der Authentizität” in einer leicht verständlichen Sprache weise Einsichten zu existentiellen Fragen. Im Kern geht es um das Finden von Lebensglück und Sinn durch das Wagen von mehr Authentizität. Das Buch ist beseelt vom Glauben an die Kraft, die jeden Menschen begleiten kann, wenn er sich selbst und seinen Gefühlen treu bleibt. Stefan Weiss hat mehrere Unternehmen gegründet und zuletzt mit seiner Firma Weisscam eine Hochgeschwindigkeitskamera für Profis entwickelt, die heute noch weltweit im Einsatz ist. Im Interview erklärt er, wie der Weg zur Authentizität gelingen und zu einem sinnvollen, erfüllten Leben führen kann, wie wir unser eigenes Potenzial entfalten können und spricht über seine Erfahrung als Serial Entrepreneur und seine Seminare.

Herr Weiss, Ihr Buch „Der Mai Tai trinkende Mönch und die Lehre der Authentizität” ist nach der Veröffentlichung im November 2017 rasch auf steigende Nachfrage gestoßen. Woher kommt Ihrer Meinung nach das starke Interesse der Menschen an existentiellen Fragen, Sinnfindung und Authentizität?

Weiss: Ich glaube, dass wir uns alle nach Authentizität und Wahrheit sehnen. Heutzutage werden wir mit Informationen überhäuft, von denen wir nicht wissen, ob sie wahr sind oder nicht. Das Thema Wahrhaftigkeit ist für mich gleichzusetzen mit Authentizität, da geht es viel um Wahrheit, sich selbst und anderen gegenüber. Und das wird für die Menschen immer wichtiger.

Gleichzeitig geben uns das Internet und die Digitalisierung heute eine Freiheit, die wir so noch nie hatten. Wir können uns überall informieren, recherchieren und deswegen stellen wir auch vieles in unserem Leben in Frage. Das heißt, jeder Mensch kann heute für sich selbst entscheiden, ob er weiterhin den alten, vorgegebenen Pfaden folgen oder ob er seinen eigenen authentischen Weg gehen möchte.

Mit dieser neu gewonnenen Freiheit haben wir auch eine neue Verantwortung uns selbst gegenüber. Wenn wir authentisch leben wollen, dann müssen wir uns über unsere wahren Wünsche und Stärken klar werden und dann auch Entscheidungen treffen. Wir müssen uns fragen: Will ich noch, was ich mache? Was will ich denn eigentlich wirklich? Die große Herausforderung ist, angesichts der Fülle der Möglichkeiten den richtigen Weg für uns zu finden.

Für mein Buch habe ich mich intensiv mit dem Thema Authentizität beschäftigt. Ich möchte andere Menschen dafür sensibilisieren, ihre wahren Impulse zu spüren, wo sie im Leben wirklich hinmöchten. Und sie dazu ermutigen, dann diesen persönlichen Weg der Authentizität einzuschlagen. Das muss nicht von heute auf morgen passieren. Aber man sollte die Richtung einmal grundsätzlich fixieren und dann überlegen, welcher Weg aus der Fülle der Möglichkeiten für mich der richtige sein könnte. Das ist die Mission, die ich heute mit meinem Buch und den Seminaren verfolge.

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Der Mai Tai trinkende Moench und die Lehre der Authentizitaet von Stefan Weiss

 

Wieso haben Sie sich bewusst dafür entschieden, kein philosophisches Sachbuch zu schreiben, sondern die Lehre der Authentizität in Form einer überschaubaren, leicht zugänglichen Erzählung zu verpacken?

Weiss: Für mich muss ein Buch überschaubar sein. Um die Lehre der Authentizität unterhaltsam zu verpacken, habe ich Kenso, den Mai Tai trinkenden Mönch entwickelt, den verschiedene Menschen in einer Bar um Rat fragen. Ich wollte keine Hemmschwelle aufbauen, indem ich zu philosophisch werde, sondern ein ganz einfaches, verständliches und leicht zugängliches Buch schreiben. Im Mittelpunkt stehen konkrete, reale Fragen aus dem Alltag, die für jeden Menschen wichtig sind, mit denen sich jeder identifizieren kann. Doch die meisten haben heute einfach keine Zeit, sich selbst diese Fragen zu stellen und darüber nachzudenken. Kenso gibt auf jede Frage eine relativ direkte Antwort aus der Sicht seiner Lehre der Authentizität.

Ich bin ein großer Fan davon, aus komplexen Dingen die Essenzen herauszudestillieren, also das, was im Kern wirklich wichtig ist. Deswegen redet der Mönch Kenso auch gar nicht groß um die Fragen und Probleme herum und schmückt auch nicht viel aus. Sondern er gibt in seinen Antworten hauptsächlich Essenzen von sich und kommt relativ klar und direkt zum Punkt. Mein Ziel war es, ein kompaktes Buch zu schreiben, bei dem man sich sehr schnell in einer konkreten, sehr ehrlichen Situation oder Frage wiederfindet und darauf klare Antworten erhält.

Im Zentrum Ihres Buches steht die Lehre der Authentizität. Welches Ziel und welcher Ansatz steckt dahinter?

Weiss: Ich bin davon überzeugt, dass jeder Mensch ein ganz besonderes Potenzial, Talent oder eine Einzigartigkeit besitzt, die es zu entdecken und dann auch nach außen zu bringen gilt. Das ist das Ziel der Lehre der Authentizität. Ich finde es sehr schade, dass viele Menschen ihr Potenzial nicht entfalten.

Authentizität ist mein Lebensthema, das mich schon immer beschäftigt hat. Mir geht es ja genauso wie den meisten Menschen. Jeder spürt hin und wieder leise Impulse in sich über seine wahren Wünsche und Ziele im Leben, die in ruhigen Momenten deutlicher werden. Und dann werden diese wieder vom Alltag und der Sorge, dass man sein Leben finanzieren muss, überlagert. Trotz allem habe ich den Impuls, mich intensiver mit dem Thema Authentizität zu beschäftigen, nie aus den Augen verloren. Schließlich habe ich ihn mit dem Buch und meinen Seminaren in die Tat umgesetzt.

Viele sind zerrissen zwischen dem, was sie tun und dem, was sie tun möchten. Diesen inneren Konflikt kann man gut beheben, wenn man diesen leisen Impuls einmal für sich richtig verankert. Dabei ist es gar nicht so wichtig, ob man ihn dann morgen oder übermorgen realisiert. Die Hauptsache ist, man schafft für sich Klarheit darüber, in welche Richtung man sich bewegen möchte. Und dann wird sich das Leben seinen Weg dorthin bahnen.

 

Stefan Weiss Autor der Mai Tai trinkende Moench und die Lehre der Authentizitaet 03

 

In diesem Prozess geht es insbesondere darum, von der Überlebensenergie in die Schaffensenergie zu kommen. Was bedeutet das?

Weiss: Das sind für mich zwei grundsätzlich verschiedene Energieformen, die unser Leben bestimmen. Viele Menschen leben im Zustand der Überlebensenergie, die mit Geld, Sorgen, Angst und Ablenkung zu tun hat. Diese Energie beeinflusst unser Dasein in negativer Weise. Wir befinden uns ungewollt viel zu oft in diesem Zustand, weil unser Alltag so organisiert ist. Wir sind ständig damit beschäftigt, unser Leben zu organisieren und davon abgelenkt, über uns nachzudenken. So können wir unser Potenzial gar nicht entfalten.

Der Gegenpol dazu ist die Schaffensenergie – ein Zustand, in dem ich mich ganz fühle, in dem ich das mache, was ich wirklich will und mein Potenzial entfalte. Wenn wir voller Überzeugung sagen können: Das ist mein Ding, das mache ich jetzt! Wer in der Schaffensenergie ist, kann auch wirklich erfolgreich werden. Denn wenn man das tut, was man wirklich will, dann kann man das auch ziemlich sicher besser als andere.

Das Ziel der Lehre der Authentizität ist, dass wir vom Zustand der Überlebensenergie in den Zustand der Schaffensenergie kommen und das Potenzial, das in uns liegt, entfalten. Sobald wir diesen Wechsel schaffen, passiert etwas Schönes. Wenn wir spüren, dass wir auf dem richtigen Weg sind, erhalten unser Körper und Geist einen zusätzlichen Energieschub. Das heißt, die Energie potenziert sich, wenn wir die für uns persönlich richtige Richtung einschlagen. Doch der Wechsel von der Überlebens- in die Schaffensenergie ist für die meisten Menschen nicht einfach.

Sie sagen, der Weg zur Authentizität gelingt, wenn wir unsere drei inneren Ebenen ausbalancieren. Was bedeutet das, wie können wir das erreichen und konkret umsetzen?

Weiss: Die drei Ebenen der Lehre der Authentizität sind folgende:

  • Die erste Ebene ist die Ebene des Denkens: Darin ist alles enthalten, was in unserem Kopf und Verstand vor sich geht: Was wir denken und vor allem auch wie wir denken. Jeder Gedanke hat seinen Ursprung. Wir folgen meist festen, angelegten Denkmustern, wenn wir diese nicht hinterfragen. Das ist ein neurologisches Muster, weil das Gehirn Energie sparen möchte und lieber in alten Strukturen denkt.
  • Die zweite Ebene ist die Ebene des Handelns: Hier geht es um unseren Körper und was wir mit ihm tun: Ernährung, Sport, etc. Wie jeder Gedanke, so hat auch jede Handlung ihren Ursprung. Die Handlungen werden auch immer dieselben bleiben, wenn wir diese nicht bewusst hinterfragen und ändern. Das sind die beiden großen Ebenen, aus denen heraus wir unser Leben bewerkstelligen.
  • Die dritte Ebene trägt bewusst keinen weiteren Namen: Für den einen heißt sie Intuition, für den anderen ist es die Herzensenergie, die Seele oder das wirkliche Potenzial. Die dritte Ebene liegt in uns und sie ist ständig da. Aber um sie „hören“ zu können, müssen wir die ersten beiden Ebenen reduzieren. Nur hier kann ich die leisen Impulse für meinen authentischen Lebensweg finden.

Wenn wir ausschließlich rational und mit dem Kopf nach möglichen Wegen suchen, werden wir sehr wahrscheinlich an der Authentizität vorbeigehen. Ich glaube, dass die Impulse, die uns wirklich ausmachen, von Innen kommen. Man muss versuchen, diese Impulse in einem ruhigen Moment wahrzunehmen und ihnen dann auch folgen.

Ziel der Lehre der Authentizität ist es, die ersten beiden Ebenen zu reduzieren, um die dritte Ebene deutlicher wahrzunehmen und aus diesen Impulsen den eigenen Lebensweg zu generieren. Diese Impulse liegen in uns selbst. Wir wissen in der dritten Ebene ganz genau, wo wir im Leben hinwollen, wo wir hingehören und wo wir am besten wirken können in der Welt. Die Umsetzung dieser Impulse in unserem Leben erfolgt dann wieder mit der ersten und zweiten Ebene.

Es gibt Menschen, die ihre Impulse sehr wohl wahrnehmen und wissen, wo sie hinmöchten, aber sie erreichen ihr Ziel nicht, weil der Weg dorthin nicht zwingend einfach ist. Denn man kann sich in unserer Welt, die von Angst und Ablenkung geprägt ist, sehr leicht verzetteln. Das merke ich auch immer wieder in den Seminaren.

Da spüren viele Teilnehmer plötzlich deutlich ihre Impulse und sehen glasklar vor sich, was sie wirklich wollen. Doch sobald der Alltag wieder über sie hereinbricht, verschwinden diese Impulse wieder. Und dann muss man auf den nächsten ruhigen Moment warten, in dem der Impuls wieder geöffnet wird und das Potenzial besteht, etwas zu verändern.

 

50 Jahre „Summer of Love” – Höhepunkt der Hippie-Bewegung

 

Schlüsselfigur Ihrer Erzählung ist der fiktive Mönch Kenso, der sich in einer Bar den Fragen unterschiedlicher Menschen widmet. Daraus ergeben sich weise und erkenntnisreiche Dialoge über die Liebe, Authentizität, die Zeit, Kreativität, unternehmerischen Erfolg und vieles mehr. Kenso strebt danach, bei den Fragen der Menschen zu aktuellen Problemen die Essenz zu finden. Welcher Ansatz steht dahinter und warum ist es so wichtig, den wahren Kern eines Problems zu finden?

Weiss: Die Methode von Kenso ist es, von der Oberfläche in die Tiefe zu gehen und sichtbar zu machen, was die Leute wirklich beschäftigt. Denn wenn ich eine oberflächliche Frage stelle, dann wird mir die Antwort bestenfalls einen oberflächlichen Impuls geben, der mich aber grundsätzlich nicht in Richtung Authentizität weiterbringt. Oberflächliche Fragen betreffen nur die Symptome, aber nicht die Ursachen. Deswegen fragt der Mönch Kenso gleich direkt nach, um dem eigentlichen Kern der Frage auf den Grund zu gehen.

Ein Beispiel: Ein Angestellter fragt Kenso, wie er denn mehr Geld verdienen kann. Diesem könnte man klassischerweise raten, arbeite auf eine Beförderung hin oder ähnliches. Was wäre aber, wenn der Mensch den völlig falschen Job hat, den er gar nicht will und in dem er sein Potenzial gar nicht entfalten kann? Dann könnte er ja dort nur mehr Geld verdienen, wenn er noch mehr Energie aufwendet für etwas, was gar nicht zu ihm gehört! Deswegen geht Kenso auf die oberflächlichen Fragen gar nicht erst ein, sondern fragt direkt nach dem Kern: „Sind Sie denn wirklich auf dem richtigen Weg?“

Das löst dann einen Impuls in dem Menschen aus, über sich nachzudenken und dann vielleicht eine wichtige Entscheidung zu treffen, die sein Leben verändert. Etwa einen neuen Beruf zu ergreifen, der ihm wirklich entspricht. Dadurch könnte er dann automatisch mehr Geld verdienen – weil er in seiner Schaffensenergie ist. Das ist das Ziel von Kenso. Er möchte den Leuten bewusst machen, wenn sie in einer Sackgasse stecken. Egal wie Du dahin gekommen bist, überlege mal, ob das Deinem Kern, Deinem Potenzial entspricht.

Welche philosophischen Ansätze haben Sie bei der Lehre der Authentizität inspiriert?

Weiss: Die Lehre der Authentizität ist eine Kombination aus meinen Erfahrungen im Zen Buddhismus, Ayurveda und meiner Lebenserfahrung als Unternehmer. Die Lehre ist völlig unabhängig von anderen Ideen. Sie hat etwas Buddhistisches, etwas Philosophisches, ist aber etwas Neutrales, das leicht verständlich, zugänglich und in sich schlüssig ist. Das war mir sehr wichtig.

 

Midlife Crisis beruf 3

 

Was hat das Thema Authentizität mit dem Wirtschaftsleben und der Arbeitswelt zu tun?

Weiss: Als Unternehmer hat man ständig mit vielen unterschiedlichen Menschen zu tun. Dabei habe ich dann irgendwann einmal bemerkt, dass sich einige Menschen bei Projekten häufig – unbewusst – selber im Weg stehen. Die Probleme liegen dann meist gar nicht auf der fachlichen Ebene, sondern auf der persönlichen Ebene.

Häufig funktionieren größere Projekte nicht so gut, weil die Menschen sich untereinander nicht 100%-ig verstehen. Das hängt zum einen mit der Kommunikation zusammen, zum anderen mit der fehlenden Klarheit darüber, was man selber möchte, also was es für einen selbst bedeutet, authentisch zu sein. Die Mitarbeiter können am meisten erreichen, wenn sie dort eingesetzt werden, wo sie ihre Stärken und ihr Potenzial entfalten können. Es wäre also authentisch und gleichzeitig eine Win-Win-Situation für das Unternehmen und die Mitarbeiter, wenn man Stellen potenzialorientiert besetzt.

Doch es gibt noch eine weitere Komponente: Für die Unternehmen wird es auch eine der größten Herausforderungen der Zukunft sein, ihren Mitarbeitern die Klarheit zu geben, dass sie etwas Sinnvolles tun. Wenn die Angestellten erkennen, dass ihr Unternehmen nicht ethisch handelt und letztendlich dazu beiträgt, die Welt zu zerstören, werden sie den Arbeitgeber wechseln. Natürlich können die Unternehmen versuchen, dem mit einer guten Bezahlung entgegenzuwirken. Aber ich glaube, dass der Mensch ein höheres Bewusstsein für die Welt in der wir leben entwickelt und künftig mehr Wert auf eine für ihn sinnhafte Tätigkeit legen wird.

Denn am Ende stehen uns im Leben nur zwei Ressourcen zur Verfügung: Zeit und Energie. Und immer mehr Menschen überlegen sich ganz genau, wo sie ihre Zeit und Energie hineinstecken. Und es wird nicht ausschließlich fürs Geld verdienen sein, denn ein so viel mehr an Geld macht auch nicht glücklich. Die Mitarbeiter werden sich genau überlegen, wie sie ihr Geld am besten mit einem akzeptablen Aufwand, einer sinnhaften Tätigkeit und einer transparenten Wirkung ihrer Arbeit verdienen können.

Manche Menschen möchten sich in einer beruflichen Selbständigkeit verwirklichen. Was raten Sie diesen und was sollte man im Vorfeld unbedingt bedenken?

Weiss: Aus meiner eigenen Erfahrung kann ich sagen, dass es auf drei Dinge ankommt: Klarheit, Wahrheit und Beharrlichkeit. Klarheit darüber, was ich will. Wahrheit darüber, warum ich das wirklich will. Ich kenne einige, die den Wunsch haben, zu Schreiben oder als Coach zu arbeiten. Wenn man aber genauer hinterfragt, ist das nicht der wahre Wunsch, sondern nur eine Vorstellung davon, wie toll es wäre, als Coach oder als Autor zu arbeiten. Oder, was noch häufiger der Fall ist, der Wunsch etwas Altes nicht mehr weiterzuführen.

Ich kann nur empfehlen, sich diese Frage wirklich genau anzusehen, denn um erfolgreich selbständig zu sein, benötigt man Beharrlichkeit. Wir müssen ständig Zeit und Energie investieren und der Erfolg kommt nur Schritt für Schritt. Ich kenne niemanden, der „über Nacht“ Erfolg hatte. Es ist immer harte Arbeit und die Quote des Scheiterns ist unglaublich hoch. Gerade die Startphase stellt jeden Unternehmer auf eine harte Bewährungsprobe. Nur wenn der Mensch in seiner Schaffensenergie in die Selbständigkeit geht, glaube ich, hat er auch die Kraft, Energie und das Durchhaltevermögen, um sein Projekt zum Erfolg zu führen. Und so schließt sich der Kreis: authentisch zu sein ist für den langfristigen, persönlichen Erfolg wohl die wichtigste Voraussetzung.

 

Neustart im Beruf, Coach

 

Ihr Berufsweg ist sehr spannend und unkonventionell verlaufen und stark von Freiheit, Kreativität und Unternehmertum geprägt. Sie haben als Serial Entrepreneur Unternehmen in unterschiedlichsten Branchen wie Gastronomie, Flugsportgeräte und Hochgeschwindigkeitskameras gegründet und erfolgreich verkauft. Wie kam es dazu und was treibt sie immer wieder zu neuen Herausforderungen an?

Weiss: Meine Lebenseinstellung war stets geprägt von einer Mischung aus einem „sich treiben lassen“ und ganz bewussten Entscheidungen. Ich habe immer etwas Neues gemacht, wenn ich gespürt habe, dass mich eine Aufgabe nicht mehr erfüllt. Rückblickend kann ich sagen, dass mein Talent im Aufbau von Firmen und dem Erschaffen von etwas Neuem liegt. Das kann ich sehr gut und es macht mir sehr viel Spaß. Gerade die Startphase ist eine besondere Herausforderung, ein Unternehmen aus dem Nichts soweit aufzubauen, dass es auf dem Markt bestehen kann. Ist es schließlich etabliert und geht in eine verwaltende Struktur über, dann geht für mich der Reiz verloren. Der Anfang ist immer die spannendste, aber auch die schwierigste Phase.

Mein beruflicher Lebensweg war bisher ein Zick-Zack-Kurs. Als junger Mensch bin ich in die Gastronomie hineingerutscht und das hat mir damals gut gefallen. Ich bin nach München gegangen und habe als Barkeeper in der legendären „Harrys New York Bar“ (sie heißt heute „Pusser’s Bar“) gearbeitet. Nach anderthalb Jahren bin ich in eine neue Bar gewechselt und dann haben mich meine beiden Chefs angesprochen, ob ich nicht Lust hätte, mit ihnen zusammen etwas Neues aufzumachen. Ich fand das Angebot gut und habe die Herausforderung für das gastronomische Projekt „Ziegelhaus“ angenommen.

Wenn ich mich für etwas entschieden habe, dann verfolge ich das Ziel auch sehr beharrlich, zuverlässig, und tue alles dafür, dass es erfolgreich wird. Nachdem das „Ziegelhaus“ erfolgreich lief, habe ich mich gefragt: „Will ich in 20 Jahren immer noch einen gastronomischen Betrieb führen, bei dem ich abends, am Wochenende und an Feiertagen arbeite und kein privates soziales Leben habe?“ Dann habe ich gesagt, eigentlich möchte ich das nicht. Also habe ich das Ziegelhaus abgegeben und mir eine Auszeit in Kanada gegönnt. Ich bin ganz bewusst alleine durch Kanada gefahren und hatte dort eine Phase der Ruhe. Als ich dort einmal an einem See meditiert habe, hatte ich eine Art „Erweiterungserscheinung“, ein Gefühl des „Eins-Seins“ mit allem. Das hat mich darin bestätigt, dass es im Leben weit mehr gibt als Job und Alltag. Dieser Impuls hat sich tief in mir verankert.

 

Kanada, See, Natur

 

Dann ist mir ein cooles kleines Flugsportgerät in die Hände gefallen, das es bisher in Deutschland noch nicht gab. Eine Art zylinderförmiger „Flugring“ oder kleines Rohr aus Plastik, das wie eine Frisbee Scheibe waagrecht über den Boden fliegt. Ich fand es faszinierend, habe ein paar Exemplare gekauft und wieder zurück in München im Englischen Garten getestet. Als ich sah, wie die Leute gestaunt haben, habe ich mit dem Hersteller in den USA telefoniert, einen Lizenzvertrag geschlossen und eine Produktionsstätte im damaligen Jugoslawien aufgebaut, um den X-Zylo Wurfring für den europäischen Markt zu produzieren. Wenn mich etwas wirklich fasziniert, dann mache ich es einfach.

Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Erfolgsfaktoren bei der Gründung von Unternehmen? Warum scheitern viele neue Projekte?

Weiss: Von allein geht natürlich gar nichts. Wenn ich zurückschaue, dann haben alle Projekte nur deswegen geklappt, weil ich eine gewisse Beharrlichkeit an den Tag gelegt habe. Man kann kein Business relativ schnell aufziehen, sondern braucht einen langen Atem und Widerstandsfähigkeit. Man darf diese Widerstände, die bei jeder Gründung auf einen zukommen, nicht negativ sehen – sie gehören als fester Bestandteil dazu.

Es ist das normalste auf der Welt, dass ich mit einer neuen Geschäftsidee nicht sofort nur auf offene Türen stoße. Wenn ich von einer Idee überzeugt bin, dann muss ich hart und beharrlich daran arbeiten und daran glauben. Sonst funktioniert es nicht. Und man muss sich darüber im klaren sein, dass man die Idee vielleicht zwei Jahre finanzieren muss, bis sie wirtschaftlich erfolgreich wird. Man kann sich etwa mit einem Halbtagsjob finanziell über Wasser halten und 50 % seiner Arbeitszeit in das neue Projekt stecken.

Ich sehe heute viele Leute, die sich selbständig machen, scheitern, da ihnen die Beharrlichkeit fehlt und ihnen die finanziellen Mittel ausgehen. Und dann kehren sie wieder in ihren alten Job zurück. Das ist auch völlig wertfrei zu sehen. Ich sage nur, dass die Selbständigkeit gewisse logische Stufen hat, die man nicht umgehen kann. Und selbst, wenn man einen Financier hätte, würde die Marktdurchdringung auch ihre Zeit benötigen. Nichts passiert ganz schnell. Dessen muss sich jeder bewusst sein, der eine Selbständigkeit anstrebt.

 

WEISSCAM on 3D Set BMW Motorrad

 

Wie kam es zu Ihrem Schritt in die Filmbranche und die Gründung ihrer Hightech-Firma Weisscam?

Weiss: Nachdem ich die Fluggerät-Firma mit Freude aufgebaut hatte, Produktion und Vertrieb funktionierten und das Geschäft gut lief, habe ich beschlossen, mich wieder davon zu trennen. Ich habe gemerkt, dass es mich nicht erfüllt, eine etablierte Firma weiterzuführen und zu verwalten. Dann bin ich über einen Freund, einen Kameramann, in die Münchener Filmbranche reingerutscht. Ich habe als Kabelträger angefangen und mich innerhalb von drei Jahren über die Zwischen-Station als Ton- und Kamera-Assistent zum Kameramann und auch Steadycam Operator hochgearbeitet. Ich habe die neuen Aufgaben zuverlässig und mit Herzblut gemacht, mir ein Netzwerk in der Branche aufgebaut und so ging es relativ schnell.

Dann hatte ich beim Dreh von Werbespots meinen ersten Berührungspunkt mit einer innovativen digitalen Highspeed-Kamera. Als ich die Idee hatte, die Kamera umzubauen, damit sie besser für den Kameramann benutzbar ist, schlug die Geburtsstunde meines Unternehmens Weisscam. Ich habe mit einem kleinen Team eine eigene Hightech-Kamera entwickelt, die Weisscam HS1 und über eine Partnerfirma an den Markt gebracht. Zwei Jahre später wurde die HS2 entwickelt. Diese Kamera ist noch heute bei großen Film-Studios von Hollywood bis Bollywood im Einsatz bei Highspeed-Aufnahmen, z.B. für Actionfilme oder Werbespots.

Ich war auch oft in Hollywood, in Indien oder Japan, um Schulungen zu geben. Zweifelsohne habe ich viel Anerkennung dafür bekommen und war auch stolz darauf, eine innovative Kamera, die meinen Namen trägt, erfolgreich entwickelt und auf den Markt gebracht zu haben und in der schillernden Filmbrache unterwegs zu sein.

 

WEISSCAM HS-2 with recorder 300dpi

 

Warum haben Sie sich dazu entschieden, die erfolgreiche Firma Weisscam abzugeben und das Buch „Der Mai Tai trinkende Mönch und die Lehre der Authentizität” zu schreiben?

Weiss: Irgendwann tauchte dann wieder die Frage in mir auf, ob ich das wirklich weitermachen möchte. Ich hatte zwar wieder ein großes Ziel erreicht, es hat mich aber trotz allem Erfolg innerlich nicht vollständig erfüllt. Ich habe als Mensch nur Zeit und Energie zur Verfügung – und beides wollte ich nicht mehr in diese Firma reinstecken. Da tauchte plötzlich der Impuls wieder auf, dass ich mich mit dem Thema der Authentizität beschäftigen möchte. Und so schrieb ich das Buch und entwickelte Seminare zu diesem Thema.

Seitdem fühle ich mich tatsächlich bei mir angekommen – unabhängig davon, welche Anerkennung ich von außen dafür bekomme. Ich habe aus der Fülle der Möglichkeiten den authentischen Weg für mich gefunden, auf dem ich in der Welt wirken möchte. Das erfüllt mich mit einer Anerkennung, Zufriedenheit und Dankbarkeit, die von innen kommt.

Natürlich bin ich auf Weisscam stolz, keine Frage. Aber noch stolzer bin ich darauf, dass ich den Mut hatte, das zu tun, was ich wirklich will, nämlich das Buch zu schreiben. Ich baue mir hier jetzt wieder ein neues Business auf, rund um die Lehre der Authentizität. Aber diesmal in einem Bereich, der mich auch innerlich erfüllt. Dass Menschen, die mein Buch lesen, Impulse erhalten, ihr Leben zu verändern gibt mir mehr Befriedigung, als eine weitere Hightech-Kamera zu verkaufen. Das hat für mich eine andere Qualität.

 

Vortrag mit Stefan Weiss

 

Als neuestes Projekt haben Sie Weisscam Consulting gegründet, das auf die Beratung von Unternehmen im HR-Bereich und Change Management spezialisiert ist. Welcher Ansatz steht dahinter und welchen USP haben Sie?

Weiss: Das Buch ist die Basis für ein vollumfängliches Seminar-Konzept und die Strategie-Beratung von Unternehmen in den Bereichen Personal und Unternehmenswerte. Ein wichtiger Meilenstein ist das TAR Seminar, das ich in Unternehmen und Kommunen über meine Firma Weisscam Consulting durchführe. TAR steht für steht für „true authentic road“. Es beschäftigt sich mit dem Thema Authentizität – in Bezug auf den einzelnen Menschen und auf das Unternehmen – in Kombination mit Potenzialentfaltung, Kreativität, Persönlichkeitsentwicklung und Projektmanagement. Denn aus meiner Sicht liegen 2/3 der Potenziale bei den Mitarbeitern und 1/3 der Potentiale bei der Prozessoptimierung.

Basierend auf dem TAR Seminar biete ich auch Strategieberatung für Firmen an, hauptsächlich im Bereich Change Management, das für Unternehmen zunehmend wichtiger wird. Die Digitalisierung der Wirtschaft erfordert Agilität, neue Strukturen und eine Neuorganisation der Arbeitswelt. Um Mitarbeiter zu motivieren und im Unternehmen zu halten, werden Themen wie Persönlichkeitsentwicklung und echte, gelebte Firmenwerte immer wichtiger. Ich glaube, dass jeder Mitarbeiter neben dem Gehalt, das er zur Finanzierung seines Lebensunterhaltes braucht, eine Sinnhaftigkeit im Job spüren will, egal was er konkret macht – sei es bei einer eher einfachen oder einer strategischen Tätigkeit.

Um nachhaltig erfolgreich zu sein, müssen die Unternehmen zudem eine echte Innovations- und Fehlerkultur fördern. Ein wichtiger Erfolgsfaktor ist auch, die Potenziale der Mitarbeiter zu erkennen und sie dort einzusetzen, wo sie diese am besten entfalten können. Ich glaube, hier liegen in den Firmen tatsächlich viele Potenziale brach, die sie heben können, um erfolgreicher zu sein und gleichzeitig die Zufriedenheit der Mitarbeiter zu steigern. Aufgrund meiner unternehmerischen Erfahrung als Serial Entrepreneur kann ich diese Dinge glaubhaft und authentisch an andere weitergeben.

Welche Angebote im Bereich Seminare und Vorträge bieten Sie allen anderen interessierten Menschen an? 

Weiss: Zwei bis drei Mal im Jahr biete ich das TAR Seminar auch im privaten Rahmen an. Außerdem halte ich regelmäßig Vorträge und Lesungen in einem interessanten Rahmen an, etwa in Bars oder Hotels. Mitte März fand das Event „Lesung & Klassik“ in der Orangerie im Englischen Garten in München statt, eingebettet in die Fotoausstellung von Helena Heilig mit dem Titel „150 Sekunden Wirklichkeit 3.0“. Bei der Lesung wurde ich begleitet von dem wunderbaren Streichtrio mit Maria Krebs (Violine), Andreas Höricht (Viola) und Klaus Kämper (Violoncello) mit Bachs Goldberg Variationen.

 

Stefan Weiss Autor der Mai Tai trinkende Moench und die Lehre der Authentizitaet 05

 

Was ist Ihr persönlicher Sinn des Lebens?

Weiss: Für mich besteht der Sinn des Lebens darin, die Dinge zu tun, die ich wirklich tun möchte und bei denen ich das Gefühl habe, authentisch zu sein und eine größtmögliche positive Wirkung nach außen tragen zu können. Und so lebe ich meinen Sinn heute, indem ich die Lehre der Authentizität verbreite, über das Buch, Lesungen und die Seminare. Ich fühle mich durch das Feedback auch darin bestätigt und motiviert, diesen Weg weiterzugehen.

Und so ist auch der zweite Teil von „Der Mai Tai trinkende Mönch und die Lehre der Authentizität“ inzwischen fertig – allerdings suche ich für diesen Teil noch einen Verlag, weil mein bisheriger Verlag diesen nicht veröffentlichen möchte. Und so bestätigt sich das, was ich oben über Selbständigkeit gesagt habe: Man muss beharrlich sein Ziel verfolgen und „Veränderungen“ als Chance begreifen.

Das Interview führte Markus Hofelich.

 

Weitere Informationen unter: stefanweiss.com
Bilder: Stefan Weiss /  Unsplash /  Cover: Goldmann Verlag

 

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