„Der Club der toten Dichter“ ist ein oscarprämierter Film-Klassiker über Schüler eines erzkonservativen Elite-Internats, die im Spannungsfeld zwischen Strenge, Disziplin und Autorität sowie Freiheit, Phantasie und Selbstentfaltung stehen. Der neue Englischlehrer John Keaton bringt frischen Wind in die angestaubte Lehranstalt. Mit Charisma und unkonventionellen Methoden fordert er die Schüler zu freiem Denken und eigenständigem Handeln auf. Keaton ermutigt sie, ihre Begabungen zu erforschen und etwas aus ihrem Leben zu machen. Doch schnell zieht er damit die Kritik des Lehrerkollegiums auf sich und ein Unglück bahnt sich an. Das zentrale Thema des Films, der Konflikt zwischen der konservativen Schulleitung und den nach Selbstentfaltung strebenden Jungen, hat auch knapp 30 Jahre nach dem Erscheinen nichts an Aktualität verloren.Lassen Sie sich hier inspirieren vom Inhalt und den besten Zitaten.
Poesie und Selbstentfaltung statt Strenge und Disziplin
Das packende Drama mit dem Originaltitel „Dead Poets Society“ spielt im Jahr 1959 im Neuengland-Staat Vermont. Schauplatz ist das erzkonservative Jungeninternat Welton, das auf den Werten Tradition, Ehre, Disziplin und Leistung beruht.
Zu Beginn des Schuljahres werden die Schüler von den unorthodoxen Lehrmethoden des neuen Englisch-Lehrers John Keating – grandios gespielt von Robin Williams – überrascht, der einst selbst Schüler in Welton war. Mit Humor und Menschlichkeit kämpft er für Poesie, Liebe und Phantasie. Im Literatur-Unterricht fordert er die bisher zu starrer Disziplin erzogenen Jugendlichen zu freiem Denken auf:
Und wenn Sie etwas lesen, vollziehen Sie nicht nur die Gedanken des Autors, berücksichtigen Sie auch, was Sie denken. Gentlemen, Sie müssen sich um eine eigene Perspektive bemühen. Und je länger sie damit warten, um so unwahrscheinlicher ist es, dass Sie sie finden. Thoreau sagte: ‚Die meisten Menschen führen ein Leben in stiller Verzweiflung.‘ Finden Sie sich nicht damit ab. Brechen Sie aus. Stürzen Sie nicht in den Abgrund wie die Lemminge. Sehen Sie sich um. […] Haben Sie den Mut Ihren eigenen Weg zu suchen!
Zitat John Keating, Der Club der toten Dichter
Wie ein roter Faden ziehen sich immer wieder pointierte Zitate von toten Dichtern durch den Film, die mit diesen Schlüsselpassagen ihres Werks die Handlung beeinflussen.
So unterstreicht etwa der amerikanischer Dichter und vierfache Pulitzer-Preisträger Robert Frost in seinem Gedicht „Der nichtgegangene Weg“ die Chancen und Folgen unserer ganz individuellen Entscheidungen, die wir tagtäglich treffen.
Nachdem die Klasse beim Umherwandern auf dem Schulhof automatisch in einen Gleichschritt verfallen ist, fordert Keating sie auf, unabhängig von den anderen ihren eignen Rhythmus zu entdecken, und ermutigt sie so, ihren eigenen Weg zu finden: Er zitiert Robert Frost: „Im Wald zwei Wege boten sich mir dar, und ich ging den, der weniger betreten war. Und das veränderte mein Leben.“
Geheime Treffen im Wald: Der Club der toten Dichter
In einem alten Schuljahrbuch entdecken die Schüler Fotos des jungen Keating und erfahren, dass er als Schüler dem sogenannten „Club der toten Dichter“ angehörte. Darauf angesprochen, erzählt Keating ihnen, was es damit auf sich hatte. Die Mitglieder kamen zu geheimen Treffen in einer Höhle im Wald zusammen, um sich leidenschaftlicher Poesie zu widmen – als befreiender Gegenpol zum grauen Schulalltag.
Davon inspiriert beschließen einige Schüler, den Club wieder aufleben zu lassen. Heimlich verlassen sie nachts das Schulgelände, treffen sich in der gleichen Höhle, tragen einander Gedichte vor und genießen die Gemeinschaft jenseits der starren Regeln der Schule. Eröffnet wird jede Zusammenkunft mit einem festen Ritual, wie schon zu Keatings Zeiten. Alle Mitglieder rezitieren gemeinsam folgenden Auszug aus dem Buch Walden von Henry David Thoreau:
„Ich ging in die Wälder, weil ich bewusst leben wollte. Ich wollte das Dasein auskosten. Ich wollte das Mark des Lebens einsaugen! Und alles fortwerfen, das kein Leben barg, um nicht an meinem Todestag Innezuwerden, daß ich nie gelebt hatte.”
Zitat von Henry David Thoreau
Um die Notwendigkeit von Schönheit, Liebe und Poesie im Leben zu betonen, zitiert Keating Walt Whitman aus dem 166. Gedicht seines Hauptwerkes, der Lyrik-Anthologie „Grashalme”:
„Oh ich, oh Leben! Auf alle diese wiederkehrenden Fragen!
Auf diesen unendlichen Zug der Ungläubigen,
auf die Städte, die voller Narren sind.
Was habe ich darauf für eine Antwort – oh ich, oh Leben?
Dies aber ist die Antwort:
Du bist hier, damit das Leben blüht und die Persönlichkeit,
Damit das mächtige Spiel weitergeht
und du deinen Vers dazu beitragen kannst.”
Zitat von Walt Whitman
„Carpe Diem! Nutzet den Tag, Jungs! Macht etwas Außergewöhnliches aus eurem Leben!”
Im Unterricht motiviert John Keating seine Schüler immer wieder, sich mehr zuzutrauen, ihre Möglichkeiten auszuloten und etwas aus ihrem Leben zu machen. Er ermuntert sie, jeden Tag ihres kurzen, vergänglichen Lebens im Sinne des Mottos Carpe diem zu nutzen: „Carpe Diem! Nutzet den Tag, Jungs! Macht etwas Außergewöhnliches aus eurem Leben!” .
Das Motto „Carpe diem“ unterstreicht Keating mit einem weiteren Zitat. Diesmal von Robert Herrick, der in seinem Gedicht „Rat an eine Jungfrau” dazu aufruft, etwas aus seinem Leben zu machen:
„Pflücke die Knospe, solange es geht,
Und die Blüten, wenn sie noch prangen.
Denn bald sind die Rosenblätter verweht.
Wie schnell kommt der Tod gegangen.”
Zitat von Robert Herrick
E.E. Cummings stellt in seinem Gedicht „Versenke dich“ ebenfalls den Gedanken des „Carpe diem“ heraus. Keating liest den Text bei einem gemeinsamen Treffen mit den toten Dichtern vor:
„Versenk dich in Träume, sonst wirft dich ein Spruch um.
Sie wurzeln in Bäumen und Wind ist Wind.
Vertrau deinem Mut, wenn die Meere auflodern
und lebe durch Liebe, obwohl sich die Sterne rückwärts bewegen.
Ehre das Vergangene, aber freu dich der Zukunft
und tanze deinen Tod hinweg beim Hochzeitsfest.
Was kümmert dich eine Welt voller Schurken und Helden?
Denn Gott liebt die Mädchen, das Morgen und die Erde.“
Zitat von E.E. Cummings
Wozu bin ich da? Wozu nützt dieses Leben?
Darüber hinaus fordert Keating seine Schüler bei der Beschäftigung mit der Poesie auch dazu auf, ihre Begabungen zu entdecken, sich selbst zu entfalten und ihren individuellen Sinn des Lebens zu finden.
„Ich will Ihnen ein Geheimnis verraten. […] Wir lesen und schreiben Gedichte nicht nur so zum Spaß. Wir lesen und schreiben Gedichte, weil wir zu Spezies Mensch zählen, und die Spezies Mensch ist von Leidenschaft erfüllt; und Medizin, Jura, Wirtschaft und Technik sind zwar durchaus edle Ziele und auch notwendig; aber Poesie, Schönheit, Romantik, Liebe sind die Freuden unseres Lebens.
Ich möchte an dieser Stelle Whitman zitieren, ‚Ich und mein Leben … die immer wiederkehrenden Fragen, der endlose Zug der Ungläubigen, die Städte voller Narren. Wozu bin ich da? Wozu nützt dieses Leben? Die Antwort. Damit Du hier bist. Damit das Leben nicht zu Ende geht. Deine Individualität. Damit das Spiel der Mächte weiterbesteht und Du deinen Vers dazu beitragen kannst.‘ Damit das Spiel der Mächte weiterbesteht und Du deinen Vers dazu beitragen kannst. Was wird wohl Euer Vers sein?“
Zitat John Keating, Der Club der toten Dichter
Ein tragisches Unglück
Inspiriert von Keatings Aufforderung, das Leben selbst in die Hand zu nehmen, entdeckt der Muster-Schüler Neil Perry (Robert Sean Leonard) seine Leidenschaft für das Theaterspiel. Er leidet unter seinem tyrannischen Vater, der einen unerträglichen Leistungsdruck auf ihn ausübt und Neils Berufsleben bereits fertig durchgeplant hat. In einer Aufführung von Shakespeares Sommernachtstraum erhält Neil die Rolle des Puck und spielt sie mit großem Erfolg – stößt bei seinem Vater jedoch auf völliges Unverständnis.
Sofort nach der Aufführung nimmt der Vater Neil mit nach Hause und teilt ihm mit, ihn nun auf eine Militärakademie zu schicken. Als Neil erkennt, dass er dem von seinen Eltern aufgezwungenen Lebensweg nicht entfliehen kann, nimmt er sich noch in der Nacht das Leben. Rasch weisen Neils Vater und die Schulleitung John Keating aufgrund seiner unkonventionellen Lehrmethoden die Schuld dafür zu.
Außerdem werden die Mitglieder des „Clubs der toten Dichter“ dazu gedrängt, eine vorgefertigte Erklärung zu unterschreiben, die Keating die alleinige Verantwortung für den Suizid zuschreibt. So wird der leidenschaftliche Lehrer John Keating schließlich suspendiert und muss das Internat verlassen.
„O Captain! Mein Captain!“
Als Keating während des Unterrichts seine persönlichen Sachen aus dem Klassenzimmer abholt, steigt Todd Anderson (Ethan Hawke) plötzlich auf seinen Schreibtisch. Er erweist dem beliebten Lehrer mutig die letzte Ehre, indem er ihm zum Abschied die von Keating bevorzugte Anrede „O Captain! Mein Captain!“ nachruft.
Der Ausspruch stammt aus John Keatings erster Unterrichtsstunde in der Klasse: „‚O Captain, mein Captain!’ Wer weiß, von wem das ist? … Wer weiß es? … Keine Ahnung? … Es ist aus einem Gedicht von Walt Whitman über Mr. Abraham Lincoln. Also, Sie sprechen mich entweder mit Mr. Keating an – oder, wenn Sie etwas mutiger sind, sagen Sie ‚O Captain, mein Captain!’“.
Als Keating sich in der Schlussszene zum Abschied noch einmal umdreht, folgen weitere Schüler dem Beispiel von Todd, bis schließlich die halbe Klasse auf den Tischen steht. Dabei fordert der wütende Schulleiter die jungen Männer vergeblich auf, sich wieder zu setzen. Schließlich dankt John Keating den Jungen und geht.
Eine der bewegendsten Schluss-Szenen der Filmgeschichte. Übrigens erlangte das Zitat „O Captain, mein Captain!“ in Verbindung mit dem Auf-dem-Tisch-stehen nach dem Tod von Robin Williams am 11. August 2014 Symbolcharakter. Es wurde zum Zeichen für den Respekt und Trauer um den beliebten Schauspieler.
Fazit: „Der Club der toten Dichter“
Der Club der toten Dichter ist ein absolut sehenswerter Film-Klassiker mit Tiefgang, der die Selbstentfaltung der Schüler und deren Entwicklung zu selbständig denkenden und handelnden Menschen über reine Disziplin und Leistung stellt. Der Film, der unter der Regie von Peter Weir entstand, feierte im Juni 1989 Premiere und wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Er erhielt u.a. den Oscar für das beste Drehbuch, den British Academy Film Award für den besten Film sowie den Political Film Society Award für Demokratie.
Bilder: Unsplash
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