Interview mit Bernhard Moestl: „Handeln wie ein Shaolin – Die acht Schritte zu gelungener Veränderung“

by Hofelich
Interview mit Bernhard Moestl: „Handeln wie ein Shaolin – Die acht Schritte zu gelungener Veränderung“

Der Bestseller-Autor, Keynote-Speaker und Management-Coach Bernhard Moestl hat mehr als 14 Jahre in Asien gelebt. Besonders geprägt hat ihn seine Zeit bei den legendären Kampfmönchen des Shaolin-Klosters. Die Lebensweisheit der uralten und vom Buddhismus geprägten Shaolin-Philosophie überträgt er in seinen Ratgeber-Büchern auf den modernen Alltag. Wie wir mit diesem Denken unsere Ziele besser erreichen sowie ein angstfreies und selbstbestimmtes Leben führen können, zeigt er in seinem neuesten Werk „Handeln wie ein Shaolin – Die acht Schritte zu gelungener Veränderung“. Im Interview spricht Bernhard Moestl über die wichtigsten Handlungsmodelle der Shaolin und erklärt, wie wir Alltagsblockaden auflösen, selbstbestimmt handeln und Veränderungen aktiv gestalten können.

Herr Moestl, zahlreiche Menschen leben heute ein nach außen angepasstes und vermeintlich glückliches Leben, sind aber tief im inneren nicht zufrieden damit, weil es nicht ihrem wahren Wesen entspricht. Warum fällt es vielen so schwer, neue Wege einzuschlagen und ein selbstbestimmtes Leben zu führen?

Moestl: Das hat meiner Meinung nach ganz stark mit unserer Einstellung in der westlichen Welt gegenüber den Themen Sicherheit und Verantwortung zu tun. Wir wachsen in dem Glauben auf, dass es so etwas wie Sicherheit gäbe – aber Sicherheit gibt es nicht. Außerdem lernen wir nicht, Verantwortung zu übernehmen und die Dinge wirklich zu hinterfragen. Menschen funktionieren hier, weil sie das tun, was ihnen gesagt wird. Das ist ein großer Unterschied zu den asiatischen Gesellschaften.

Was sind häufige Alltagsblockaden, die uns daran hindern, weiterzukommen?

Moestl: Die größte Blockade liegt darin, dass die meisten Menschen nicht an sich selbst glauben. Es gibt natürlich gewisse Dinge, die wir nicht beeinflussen können. Aber im Großen und Ganzen ist das Leben das, was wir daraus machen. Es gibt sehr viele Glaubenssätze, mit denen wir uns selbst im Wege stehen.

Wenn ich eine Veränderung möchte, ein neues Projekt starte oder den Sprung in die Selbständigkeit wage, dann muss ich, um erfolgreich zu sein, an mich glauben. Wenn ich mein Projekt schon mit der Einstellung „das kann ja eh nichts werden“ angehe, oder denke „wenn das so eine gute Idee wäre, dann hätte sie längst schon jemand umgesetzt“, dann werde ich mit Sicherheit keinen Erfolg haben. Häufig hält uns schon die Angst vor der Umsetzung neuer Ideen ab, dass die anderen Sie vielleicht schlecht finden könnten. Und dann probieren wir sie gar nicht erst aus.

Aber vielleicht finden die anderen unsere Idee ja auch ganz gut. Grundsätzlich entscheiden wir ja nicht aufgrund von Tatsachen, sondern aufgrund dessen, was wir für Tatsachen halten. Wenn Sie das Bewusstsein haben, dass Sie nichts verändern können, dann können Sie auch nichts verändern.

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Bernhard Moestl: „Handeln wie ein Shaolin – Die acht Schritte zu gelungener Veränderung“

 

Veränderungen und Krisen sind fester Bestandteil des Lebens. Wie können wir lernen, Veränderungen nicht als Gefahr zu begreifen und besser damit umzugehen?

Moestl: Wir müssen uns schlicht und einfach klar machen, dass Veränderungen ein Konzept der Natur sind. Die Vorstellung, es gäbe keine Veränderung und der weitere Lebensverlauf wäre schon von Geburt an festgelegt, wäre doch schrecklich. Die Tatsache, dass ich Entscheidungen treffen kann, ist eine Riesen-Chance! Wenn es keine Veränderung gäbe, hätte ich keine Chance im Leben.

Ich komme gerade von einer längeren Indien-Reise zurück. Dort gibt es das Kastenwesen, das auch weiterhin gelebt wird, obwohl es offiziell abgeschafft worden ist. Es sieht vor, dass die Menschen in bestimmte Kasten, soziale Schichten, hineingeboren werden und keine Möglichkeit haben, aus dieser Kaste herauszukommen. Weil es heißt: Das ist die Konsequenz daraus, wie du dich in deinem letzten Leben benommen hast und egal was du tust, du wirst dich nie in eine höhere Kaste hocharbeiten können. Viele sehen darin auch eine Sicherheit. Sie sagen: Das kann ich eben nicht erreichen und damit ist das Thema dann erledigt. Das schafft mir auch eine gewisse Bequemlichkeit. Denn wenn ich gewisse Ziele ohnehin nicht erreichen kann, dann muss ich mich dafür auch nicht unnötig anstrengen.

Wir müssen erkennen, dass es zwei völlig verschiedene Arten von Veränderungen gibt. Es gibt die Veränderung, die ich selbst anstoße, sowie die Veränderung, die andere verursachen und die ich dann ertragen muss. Das ist ein großer Unterschied. Ich muss mich entscheiden, ob ich Treiber meines Lebens oder Getriebener sein möchte.

Ein Beispiel: Wenn ich heute meinen Arbeitsplatz aufgebe, weil ich ein besseres Angebot angenommen habe, dann hat keiner mit dieser Veränderung ein Problem. Wenn ich meinen Arbeitgeber aber verlasse, weil ich entlassen wurde, dann sieht es völlig anders aus. Im ersten Fall habe ich mich selbst aktiv für die Veränderung entschieden, im zweiten habe ich im Extremfall solange gewartet, bis ein anderer die Entscheidung trifft.

Das Beispiel macht deutlich: Es gibt nur zwei Möglichkeiten bei Veränderungen – entweder wir gestalten oder wir ertragen sie. Es gibt keinen Mittelweg dazwischen. Wenn wir Veränderungen als Chance begreifen wollen, dann müssen wir das einfach akzeptieren. Marie von Ebner-Eschenbach hat einmal gesagt, „An die Stützen, die wir wanken fühlen, klammern wir uns doppelt fest“. Wir müssen einfach akzeptieren, dass manche Dinge dem Ende zugehen und dann sagen: Es ist so, aber jetzt kann ich meinen weiteren Weg noch selbst bestimmen. Und nicht bis zur letzten Sekunde warten, bis ich keinen Handlungsspielraum mehr habe, bis nichts mehr geht und dann tun muss, was andere für mich bestimmen.

 

Buddha

 

Welche Rolle spielt das Thema Veränderung in Tradition und Denken der Shaolin?

Moestl: Die Shaolin Mönche waren schon immer gleichzeitig Zen-buddhistische Mönche und Kämpfer – auf Leben und Tod. Das ist auch einer der Gründe, warum die Shaolin-Tradition 1.500 Jahre überleben konnte. Man wusste, mit denen legt man sich am besten gar nicht erst an. Sie haben nicht gedroht, sondern gehandelt. Für einen Kämpfer ist Veränderung und die Möglichkeit der Veränderung nichts Bedrohliches, sondern etwas ganz Selbstverständliches. Wenn ich mit der Angst vor Veränderung in den Kampf gehe, dass ich verletzt werde oder sterben könnte, dann habe ich schon verloren. Ein wichtiger Grundsatz der Shaolin heißt: Veränderung ist und wird passieren, sie steht nicht unter deiner Kontrolle. Veränderung ist für sie das normale und nicht die Ausnahme.

Sie hatten im Kloster kein ruhiges, abgeschottetes Leben, sondern befanden sich häufig im Kriegszustand und waren ständigen Angegriffen ausgesetzt. Sie waren aber auch sehr politisch engagiert und haben wichtige Veränderungen angestoßen. So klein das Shaolin Kloster auch sein mag, die Mönche haben ganze Dynastien in China abgesetzt.

Eine wichtige Stärke ist das aktive Gestalten der Veränderung. Also nicht abwarten, bis ein Gegner mich attackiert und dann schauen was passiert, sondern sagen: „Lass mich in Ruhe und wenn nicht dann kracht’s“. Und dann kracht’s aber wirklich – bei den Shaolin bis hin zu Veränderungen in großen politischen Dimensionen.

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Cover Bernhard Moestl: „Handeln wie ein Shaolin – Die acht Schritte zu gelungener Veränderung“

 

In Ihrem Buch zeigen Sie acht Schritte zu gelungener Veränderung auf. Was sind die wichtigsten Kernthesen?

Moestl:

  1. Der Schritt ins Ungewisse: Wir müssen den Schritt ins Ungewisse wagen, denn Sicherheit ist eine trügerische Illusion. Sonst können wir uns nicht weiterentwickeln.

 

  1. Der Schritt der Selbsterkenntnis: Hier geht es um zwei wichtige Grundsätze. Zum einen um das Bewusstsein, dass wir nicht aufgrund von Tatsachen entscheiden, sondern aufgrund dessen, was wir für Tatsachen halten. Zum anderen um das Prinzip der Shaolin „Alle Kraft kommt von innen“. Der erste Satz der vier Kraft-Prinzipien des Wing Tsung Kung Fu lautet: „Befreie dich von deiner eigenen Kraft“. Dahinter steckt die Erkenntnis, dass man sich letzten Endes nur selbst zerstören kann und nicht durch andere zerstört wird. So ist etwa eine Kränkung ein Kampf, den ich unter Anleitung des Gegners gegen mich selbst führe. Zur Selbsterkenntnis gehört es zu verstehen, dass die innere Kraft mir Veränderungen ermöglichen, aber auch meine Zweifel nähren kann. Selbsterkenntnis heißt darüber nachzudenken, welche meiner inneren Kräfte wirklich meine Veränderung blockieren und daran zu arbeiten. Und nicht immer zu sagen: „Die anderen sind schuld!“

 

  1. Der Schritt der Selbstachtung: Das bedeutet, dass ich zu meinen eigenen Entscheidungen, zu meinem eigenen Wissen und zu meiner eigenen Veränderungsfähigkeit stehen muss. Dabei darf ich mich nicht von den negativen Meinungen anderer beeinflussen lassen. Wenn ich deren Zweifel übernehme und nicht an meine Ideen glaube, dann kann ich sie auch nicht realisieren. Das ist eine Sache, die viele Menschen nicht verstehen. Ich muss die Ratschläge anderer Menschen hinterfragen, warum mir der eine zu einer Veränderung rät, der andere davon abrät und wie subjektiv das sein kann. Durch die Selbstachtung entsteht auch Selbstvertrauen – die wichtigste Voraussetzung, dass ich etwas verändern kann.

 

  1. Der Schritt der Zielfindung: Ich beobachte sehr häufig, dass Menschen etwas anders machen wollen, aber sie wissen nicht wie. Sie wissen, dass sie unzufrieden mit einer Situation sind, es fehlt ihnen aber ein Ziel, das sie ansteuern können. Wenn wir unser Ziel nicht kennen, dann sind wir total anfällig für alles, was uns unterwegs begegnet, uns aber nicht weiter bringt. Dann laufen wir blind durch den Nebel und drehen uns im Kreis. Deswegen ist es so wichtig, zuallererst für mich selbst erst einmal ein Ziel zu definieren.

 

  1. Der Schritt der Wegbestimmung: Mein Ziel zu kennen ist eine Sache. Die andere Sache ist zu wissen, wie ich dorthin komme. Ich muss also auch bei jeder Veränderung ganz genau den Weg zu meinem Veränderungsziel bestimmen. Nur so kommen auch Menschen auf mich zu, die mir dabei helfen können.

 

  1. Der Schritt der Ermächtigung: Ein wichtiger Punkt im Veränderungsprozess ist unsere eigene Ermächtigung dazu. Viele von uns sind ja in dem Glauben aufgewachsen, dass uns stets irgendjemand anderes die Erlaubnis für eine Veränderung erteilen muss. Oder uns die Zustimmung dafür geben muss, dass das, was wir machen wollen, in Ordnung ist. Und dann gibt es andere Menschen, die brauchen das nicht, die machen einfach. Wenn wir Veränderungen nicht ertragen, sondern selbst gestalten wollen, dann müssen wir uns dazu natürlich auch selbst ermächtigen und uns immer wieder bewusst machen: Ich habe das gleiche Recht Veränderungen anzustoßen wie alle anderen – natürlich ohne jemandem damit zu schaden.

 

  1. Der Schritt der Umsetzung: Veränderungen scheitern häufig an der Umsetzung. Wir kennen unser Ziel und den Weg dorthin, aber dann passiert nichts und wir kommen nicht ins Tun. Das beobachte ich auch häufig bei meinen Coachings. Ich habe sehr viel mit jungen Gründern zu tun, die sich selbständig machen wollen. Viele planen Ewigkeiten und machen Businesspläne, aber es passiert nichts. Was hält diese Menschen davon ab zu sagen: „Okay, ab morgen starten wir!“ Viele haben Angst davor, sich der Realität zu stellen. Wenn ich starte, dann muss ich meine Geschäfts-Idee auf den Prüfstand stellen und sehe, ob sie wirklich funktioniert oder nicht. Erst wenn ich den ersten Schritt gehe, werde ich sehen, ob die Veränderung auch so funktioniert, wie ich sie mir vorgestellt habe. Wir dürfen nicht nur träumen, sondern müssen unsere Ideen auch umsetzen.

 

  1. Der Schritt der Nachhaltigkeit: Hier meine ich den Begriff „Nachhaltigkeit“ im ursprünglichen Sinne. Er kommt aus der Forstwirtschaft und bedeutet: Ich darf nicht mehr aus dem Wald entnehmen, als wieder nachwachsen kann. Das bedeutet in unserem Kontext: Ich muss eine Veränderung so gestalten und durchführen, dass sie auch Bestand hat. Es besteht die Gefahr, dass wir sehr schnell wieder in unsere alten Verhaltensmuster und Gewohnheiten zurückfallen, weil diese uns einfach bequemer erscheinen. Nachhaltigkeit der Veränderung heißt für mich den Schritt wirklich ganz zu tun und nicht nur halbherzig. Man kann sich nicht ein bisschen verändern. Wenn ich mit etwas unzufrieden bin, dann muss ich es ganz lassen.

 

Buddhismus, Spiritualität

 

Wie kann ich die Angst vor dem Scheitern in den Griff kriegen?

Moestl: Wenn ich eine Veränderung oder eine neue Idee umsetze, dann ist das immer ein Prozess, der ständig im Fluss ist. Auch die besondere Kampftechnik der Shaolin ist nicht über Nacht entstanden, sondern hat sich im Laufe von Jahrhunderten immer weiter perfektioniert. Man muss beginnen und sich dann immer neu anpassen und verändern. Veränderung ist nur aus dem Fluss heraus möglich. Ich kann nur dann etwas anpassen, wenn ich es mache und sehe was passiert.

Wenn ich eine neue Kampftechnik entwickle, dann muss ich diese irgendwann auch einmal in einem echten Kampf einsetzen. Aber solange ich diese nicht ausprobiere, werde ich nie wissen, ob sie funktioniert. Dann werde ich immer in der Theorie leben. Bewegung ist Leben und Stillstand ist Tod.

Meist geht es ja nicht um ein Scheitern in dem Sinne, dass ich mein Ziel komplett aufgeben muss, sondern wirklich nur darum, es anpassen zu können. Ich muss meine Idee ausprobieren und sehen, wie sie funktioniert. Und dann muss ich sie nachsteuern und anpassen. Wenn es wirklich gar nicht klappt, muss ich mir etwas anderes suchen. Nur so komme ich weiter. Wenn ich starr bin gegenüber Veränderungen, wird es gefährlich.

Wenn Gründer zu mir kommen und mir ihre Pläne erzählen, dann sage ich ihnen: „Gehen Sie davon aus, dass das so nicht funktionieren wird. Gehen Sie mit dem Bewusstsein an die Sache, dass Sie immer wieder etwas verändern werden müssen“. Das hat für mich auch nichts mit Scheitern zu tun, sondern mit der Möglichkeit, es im Fluss anpassen zu können. Und Sie können, etwas, das fließt viel leichter verändern, als etwas das steht. Man kann viel leichter ein Flussbett umlenken, als einen See versetzen.

 

Interview mit Bernhard Moestl: „Handeln wie ein Shaolin – Die acht Schritte zu gelungener Veränderung“

 

Ihr Buch enthält viele Übungen zum Selbstcoaching. Welche Vorteile hat das für den Leser?

Moestl: Eines der Prinzipien des Zen ist, dass der Meister Fragen stellt und der Schüler darauf selbst eine Antwort geben muss. Deswegen habe ich die Übungen in mein Buch eingeführt, mit Fragen, die der Leser selber beantworten und in einem extra Heft aufschreiben sollte.

Beim Selbstcoaching gibt es zwei wesentliche Aspekte: Zum einen möchte ich den Lesern zeigen, dass sie sehr berechenbar sind und nach gewissen Denkmustern reagieren. Zum anderen möchte ich sie dazu anregen, sich intensiv mit sich selbst und den Prinzipien, die in ihnen wirken, zu beschäftigen. Und wenn sie ihr Heft nach einiger Zeit wieder einmal zur Hand nehmen, werden sie erkennen, dass sie dann ganz anders antworten würden. So kann der Leser sehen, dass die Beschäftigung mit dem Thema auch tatsächlich zu einer Veränderung im Denken führt.

Sie haben bereits einige erfolgreiche Spiegel-Bestseller zum Thema Shaolin geschrieben. Worum geht es im Kern in diesen Büchern und was unterscheidet sie voneinander?

Moestl: Bei „Shaolin – Du musst nicht kämpfen, um zu siegen!: Mit der Kraft des Denkens zu Ruhe, Klarheit und innerer Stärke“ geht es um das Thema des kampflosen Sieges, angepasst an die Bedürfnisse der heutigen Zeit. Es beschäftigt sich auch mit dem richtigen Umgang mit Gegnern. Es geht um die Fragen: Wie schaffen es meine Gegner, mich dazu zu bringen, gewisse Dinge zu tun? Wie kann ich das erkennen? Wie kann ich gegensteuern? Bei den Shaolin heißt es: „Gewinne Deinen Kampf, bevor Du ihn gewonnen hast“. Aber das geht natürlich nur, wenn man versteht, was ein Angriff ist und wie der Gegner angreift. Nur dann können wir entsprechend reagieren.

In „Denken wie ein Shaolin: Die sieben Prinzipien emotionaler Selbstbestimmung“ steht der richtige Umgang mit unseren Gefühlen im Vordergrund, vor allem auch, wie wir unsere Emotionen kontrollieren können. „Handeln wie ein Shaolin: Die acht Schritte zu gelungener Veränderung“ beschäftigt sich wie gesagt mit Veränderungen – wie wir Veränderungen anstoßen, umsetzen und aushalten können. Mein nächstes Buch heißt „Siegen wie ein Shaolin“ und wird im Herbst 2018 erscheinen.

 

Bernhard Moestl

 

Sie werden ja auch als „Europäer mit asiatischem Geist“ bezeichnet. Was fasziniert Sie besonders an Asien und der Welt der Shaolin?

Moestl: Asien und das asiatische Denken haben mich schon immer fasziniert. Als ich 12 Jahre alt war, wurde mein Gruppenleiter der Pfarrjugend in einem Interview nach seinem Lebensmotto gefragt. Er sagte: „Der Geist ist alles – was du denkst, wirst du“, ein Zitat von Buddha. Zuerst habe ich mir gedacht, was ist das für ein Blödsinn? Aber dann war es doch der Auslöser dafür, mich immer mehr für den Buddhismus und die asiatische Philosophie zu interessieren. Ich bin auch relativ früh mit Shaolin Kung Fu in Berührung gekommen, und habe es jahrelang praktiziert.

Später habe ich als Berufsfotograf im Auftrag internationaler Medien und als Reiseleiter viele Jahre lang die ganze Welt bereist. Ein Schlüsselerlebnis war für mich eine Fotoreportage 1991, die mich erstmals ins thailändische Bangkok führte. Ich war so fasziniert von der Kultur, dass ich in den folgenden 14 Jahren große Teile meiner Zeit in Asien verbrachte.

1996 ermöglichte mir der chinesische Kulturmanager Dr. Jian Wang meinen ersten Aufenthalt bei den legendären Kampfmönchen von Shaolin in der chinesischen Provinz Henan. Ich studierte dort, lebte und trainierte mit den Mönchen zusammen. Ich habe nie wieder so eine Perfektion im Kampf gesehen. Da habe ich festgestellt, dass ich von meinem Denken her eher ein Asiate, als ein Europäer bin. Dr. Jian Wang bezeichnete mich später als „Europäer mit asiatischem Geist“.

Wie erklären Sie sich das Interesse vieler Menschen aus dem Westen an fernöstlichen Philosophien?

Moestl: Ein wichtiger Grund dafür ist meiner Meinung nach, dass die Botschaften der fernöstlichen Philosophien viel einfacher und klarer sind, als die der westlichen. Egal, ob man Buddhismus, Zen oder Tao nimmt, es geht vielfach um das Gleiche: Um das annehmen und nicht urteilen. Beim Zen geht es insbesondere darum, den Verstand auszuschalten. Man muss erkennen, dass man gewisse Dinge nicht verstandesmäßig begreifen kann und der menschliche Verstand der Erkenntnis im Weg steht.

Wenn wir den Verstand ausschalten und den Weg der Intuition gehen, können wir plötzlich zu Erkenntnissen kommen, die uns der Verstand bisher verwehrt hat. Ich versuche auch in meiner Coaching Praxis Fragen zu stellen, die dem Coachee dabei helfen zu erkennen, dass die Lösung nicht im Außen, sondern nur in ihm selbst liegen kann.

Die besondere Faszination der fernöstlichen Philosophien liegt für mich auch in der vermeintlichen Einfachheit, in die viele Widersprüche eingebettet sind. Etwa, dass die Shaolin gleichzeitig buddhistische Mönche und Kämpfer auf Leben und Tod sind. In der asiatischen Denkweise ist das kein Widerspruch.

Ein wichtiger Aspekt ist auch zu verstehen, dass der allererste, auf den du achten musst zunächst du selbst bist. Das ist kein Egoismus, sondern eine Verpflichtung. Ich habe dafür zu sorgen, dass es mir gut geht, dann nur dann kann ich auch für andere da sein. Im Christentums sagt Jesus „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“. In Asien würde man sagen: „Liebe dich mindestens so sehr wie deinen Nächsten“.

 

Bernhard Moestl: „Handeln wie ein Shaolin – Die acht Schritte zu gelungener Veränderung“

 

Sie bieten auch Coachings und Seminare an. Welche Themen stehen im Vordergrund und welche Zielgruppen sprechen Sie vor allem an?

Moestl: Das Coaching biete ich ausschließlich für Führungskräfte an. Die wichtigsten Themen sind Veränderung, Change Management, Kritikkultur sowie der achtsame Umgang mit Macht. Es geht auch um die Fragen: Wer bin ich selbst? Was kann ich mit meiner inneren Kraft erreichen und was kann ich damit anrichten? Außerdem trete ich bei Firmenveranstaltungen und Kongressen als Speaker auf.

Für meine Leser und alle anderen interessierten Menschen sind meine öffentlichen Vorträge und Seminare gedacht. Bei den Seminaren werden nicht die Buchinhalte abgehandelt, sondern es geht um ganz andere konkrete Themen, wie etwa Bücherschreiben oder Souveränitätstraining. Wichtig ist mir hier, die Dinge sehr erfahrbar und erlebbar zu machen. Deswegen sind die Seminare sehr interaktiv. Ich zeige etwa in praktischen Übungen auf, wie wir unser Bewusstsein, das unser Denken und handeln steuert, verändern können.

Ein Beispiel ist das sehr effektive Rollenspiel des Erfolgsinterviews. Hier werden die Teilnehmer paarweise aufgeteilt, einer nimmt die Rolle eines Journalisten ein, der den anderen interviewt: Wie haben Sie Ihr großes Ziel erreicht? Wie schwer war es? Wie fühlen Sie sich jetzt? Was sind ihre nächsten Ziele? Auf diese Weise muss sich der Interviewte total in die Situation hineinversetzen, sein Ziel bereits erreicht zu haben. Es ist eine wunderbare Übung. Wenn Sie das nur fünf Minuten machen, dann werden Sie sehen, wie sich Ihr Gefühl im positiven Sinne verändert. Das kann man auch als Selbstübung in Form eines schriftlichen Interviews durchführen.

Was ist Ihr ganz persönlicher Sinn des Lebens?

Moestl: Es ist die Frage, ob man den Sinn des Lebens im buddhistischen Sinne überhaupt definieren kann. Für mich selbst versuche ich so zu leben, dass ich anderen möglichst wenig schade. Und ich versuche, den anderen ein Bewusstsein dafür zu geben, dass sie das auch tun können. Ich bin seit langem Vegetarier aus Respekt vor dem Leben. Ich glaube, dass ich die Möglichkeit bekommen habe, die Welt ein bisschen in diese Richtung zu verändern und bei anderen Menschen ein Bewusstsein dafür zu schaffen. Wenn wir mit anderen achtsam umgehen, andere respektieren und auch Respekt haben gegenüber dem Leben haben, kommt das auf uns zurück. Ich glaube das zu vermitteln, ist meine Aufgabe im Leben.

Das Interview führte Markus Hofelich.

 

Weitere Informationen: www.moestl.com
Bilder: Bernhard Moestl, brainworx Europe, Unsplash / Cover: Knaur

 

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