Interview mit Paul Johannes Baumgartner: „Die Kraft der Begeisterung!“

by Hofelich
Interview mit Paul Johannes Baumgartner: „Die Kraft der Begeisterung!“

„Begeisterung ist die Triebfeder für Höchstleistungen“, sagt Paul Johannes Baumgartner. Er ist ausgesprochener Experte auf diesem Gebiet und hat vor einigen Jahren ein Buch mit dem Titel „Das Geheimnis der Begeisterung: Mehr Leidenschaft. Mehr Umsatz. Mehr Erfolg“ geschrieben. Außerdem tritt er als charismatischer Keynote-Speaker auf Kongressen und Unternehmensveranstaltungen auf. Darüber hinaus begeistert er seit über 25 Jahren als Radiomoderator beim Radiosender Antenne Bayern ein Millionenpublikum. Im Interview zeigt Paul Johannes Baumgartner auf, warum die Kraft der Begeisterung so wichtig ist, wie wir diese für uns nutzen können, welche Rolle sie im Privatleben und in der Wirtschaftswelt spielt.

Paul, heute geht es um Dein Spezialthema, nämlich das Thema Begeisterung. Warum ist Begeisterung so wichtig?

Baumgartner: Ich glaube daran, dass jede gute Idee mit Begeisterung beginnt und mit Disziplin beendet wird. Sie ist eine sehr starke Triebfeder, die für die Gesellschaft extrem wichtig ist. Begeisterung spielt eine wichtige Rolle, wenn wir Neues erkunden, Ideen entwickeln und Innovationen vorantreiben.

Wenn Erwachsene mal Begeisterung zeigen, dann schwingt häufig auch etwas Geringschätzung von den Mitmenschen mit. Aber ohne Begeisterung wäre in der Geschichte der Menschheit nichts Großes zustande gekommen.

Begeisterte Menschen, die lieben was sie tun, Widerstände in Kauf nehmen, die manchmal auch belächelt werden, aber trotzdem ihrer Idee treu bleiben, sind immer ein extremer Gewinn für die Gesellschaft.

Wie kam es zu Deinem Fokus auf dieses Thema?

Baumgartner: Das hat eine schmerzhafte, philosophische und praktische Komponente. Ich habe bereits mit 14 Jahren beschlossen, Radiomoderator zu werden. Schließlich durfte ich im Jahr 2000 in der Königsklasse des Radios spielen und bei Antenne Bayern die „Morning Show“ moderieren. Probleme gab es erst zwei Jahre später. Da hat mich der Programmdirektor aus der „Morning Show“ heraus filetiert und das war für mich wie die Vertreibung aus dem Paradies. Ich war damals wirklich am Ende.

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Soweit die schmerzhafte Komponente, jetzt kommt die philosophische: Der Ruf zum Abenteuer. Ich habe mir darüber Gedanken gemacht, was mich über all die Jahre immer wieder angetrieben hat. Oder anders formuliert: Warum wurde ich, was ich bin? Schließlich habe ich herausgefunden, dass stets die Begeisterung für etwas der entscheidende Faktor war. Schon als 14-jähriger, für das Moderieren.

Jetzt kommt die praktische Komponente. Ich habe gemerkt, dass ich nur solange ein guter Radiomoderator bin, solange mich der Programmdirektor moderieren lässt. Das heißt, ich war in einem ziemlich starken Abhängigkeitsverhältnis und das mochte ich schon als Kind nicht.

Deswegen habe ich mir gedacht, dass ich dieses Thema Begeisterung, das ja in mir schlummert, auch anderen Menschen oder Unternehmen zugänglich machen kann. Also das Geheimnis der Begeisterung zu lüften. So bin ich dann schließlich bei diesem Thema gelandet, wie man Kunden, Mitarbeiter und vor allem sich selbst begeistern kann.

 

Hier das Interview mit Paul Johannes Baumgartner als Podcast hören (oder auf iTunes oder Spotify / SinndesLebens24):

 

 

Zu allererst ist es wichtig, selbst begeisterungsfähig zu sein. Wie kann man sich selbst begeistern?

Baumgartner: Die Frage ist ja bei den meisten zunächst eine ganz andere. Oft bekomme ich zu hören: Ich hätte gerne etwas, für das ich mich begeistern kann, aber ich habe nichts! Da stellt sich die Frage: Wie finde ich meine Leidenschaft? Das ist ein ganz großes Thema bei vielen Menschen. Die Antwortet darauf fällt wie so oft immer sehr individuell aus.

Um sich für etwas begeistern zu können, muss eine Aufgabe, ein Beruf, ein Hobby oder eine Erfahrung einfach zu einem passen. Denn während der Eine Tränen der Begeisterung in den Augen hat, wenn er den Kilimandscharo bezwingt, zuckt ein Anderer nur müde mit den Achseln. Dafür geht diesem dann das Herz auf, wenn er auf einem Konzert mit seinen Freunden die Songs seiner Lieblingsband mit grölen kann.

Begeisterung ist so vielfältig wie das Leben selbst, nämlich radikal subjektiv. Eva Lotharek, eine Psychologin aus Hamburg, hat das einmal wunderbar zusammengefasst: „Wir können nur dann begeistert sein, wenn wir uns trauen und etwas riskieren. Wenn wir das Leben wagen. Nur wer etwas wagt und ins Risiko geht, hat gute Chancen, sich selbst zu begeistern“. Eine gute Grund-Voraussetzung für Begeisterung ist also, das Leben zu bejahen.

Die Aktivität folgt der Stimmung, das Denken bestimmt das Verhalten. Wer alles ablehnt und sich nicht tendenziell auch mal überwindet, sich auf etwas einlässt, der wird sich schwer tun, sich für etwas zu begeistern.

Es gibt Menschen, die haben etwas für sich gefunden und spüren tief in ihrem Inneren: „Das wäre Meins!“ Aber sie unternehmen nichts in diese Richtung. Warum fällt es denn vielen so schwer, sich wirklich für etwas zu entscheiden und das dann auch umzusetzen?

Baumgartner: Vielleicht weil sie etwas Angst haben vor der Reaktion des Umfeldes und der Gesellschaft. Alle großen Begeisterungs-Leuchttürme wie etwa Erfinder wurden ja auch zunächst erst einmal belächelt. Die Gebrüder Wright, Thomas Edison oder Jeff Bezos oder Elon Musk.

Ich sage immer in meinen Vorträgen: Habt bitte keine Erwartungshaltung, dass das alle gut finden werden, was Ihr da vorhabt! Darum geht es auch nicht. Denn die Bedenkenträger werden kommen.

Der Schauspieler Bill Murray hat einmal gesagt: „Ich grübele nicht darüber nach, welche Wirkung mein Verhalten hat oder ob ich auch nur einen einzigen Menschen ändern kann. So darf man nicht denken, denn dann läuft man unweigerlich Gefahr, sich selbst und andere zu enttäuschen“.

Ist es vielleicht auch eine Frage der Mentalität? Es scheint den Deutschen irgendwie fremd zu sein, dass im „Nicht-Können“ und „Trotzdem-Machen“ durchaus ein Zauber stecken kann.

Baumgartner: Da triffst Du einen wichtigen Punkt! Es ist leider wirklich sehr oft so, dass jede Form von Begeisterung anderen erst mal grundverdächtig erscheint. Vielleicht aus Neid, weil sie selbst nicht darauf gekommen wären, weil sie selber keine Leidenschaft haben oder aus mangelnder Fantasie. Nach dem Motto: „Ihn schau an, den Amateur! Jetzt will er auf seine alten Tage noch Schlagzeug lernen, der hat ja im Leben schon kein Taktgefühl!“

Das geht im Kindesalter schon los. „Was, Fußball-Profi will er werden? Na ja, der wird schon noch auf den Boden der Realität zurückfinden“. Dazu passt auch ein gutes Zitat von Johann Wolfgang von Goethe: „Die Deutschen sind höchst wunderliche Leute. Sie machen sich durch ihre tiefen Gedanken und Ideen, die sie überall hinlegen und suchen, das Leben schwerer als billig“.

Selbst der gute Goethe fordert: „So habt doch endlich einmal die Courage, Euch einfach hinzugeben, einfach ergötzen zu lassen und zu etwas Großem zu entflammen und ermutigen zu lassen“.

Eine einfache Erkenntnis für alle, die etwas für sich entdeckt haben, lautet: Ihr habt die Leidenschaft für Euch und für niemand anderen sonst!

Also hat Begeisterung auch etwas mit leben und leben lassen zu tun?

Baumgartner: Absolut! Was würdest Du sagen, wenn Deine beste Freundin Dir freudestrahlend eröffnet, dass sie sich von jetzt an in den Dienst des heiligen Herrn stellt, sprich ins Kloster gehen möchte? Du wärst zumindest überrascht, aber das wäre schon mal eine positive Reaktion.

Oder was würdest Du sagen, wenn Dein bester Freund plötzlich seinen Job hinschmeißen würde, der zwar extrem viel Geld, aber keine Freude bringt und stattdessen in der kanadischen Wildnis eine Huski-Zucht aufzubauen? Wärst Du nur überrascht oder würdest Du versuchen, ihm das auszureden?

Oder wie würdest Du selbst reagieren, wenn Du derjenige mit dem unbefriedigendem Job wärst und jemand versuchen würde Dir das auszureden? Also ich, als eher liberaler Freigeist, wäre auch zunächst überrascht, aber würde Dir zu Deinem Mut gratulieren. Anderen Menschen ihre Pläne auszureden bringt doch nichts.

Was hat Dich denn selbst zuletzt so richtig begeistert?

Baumgartner: Mich hat zuletzt das ganze Online-Thema begeistert. Online-Seminare, -Vorträge und Live Business Streams. Bis vor Corona habe ich immer gesagt: Mach ich nicht, interessiert mich nicht! Und dann kam der Klassiker, dann hat es mich selbst betroffen. Was bringt Menschen in Bewegung? Erstens Leidensdruck und zweitens Leidenschaft für etwas – wenn wir das spüren, dann gehen wir nach vorne.

Beides war bei mir wie bei den meisten Unternehmern ja auch erfüllt. Auf der einen Seite Leidensdruck, da nach dem Ausbruch von Corona meine Aufträge alle storniert oder verlegt worden sind. Ich lebe ja vom Präsenzgeschäft, mit Impulsvorträgen, Workshops und Seminaren, die bis vor einigen Monaten noch als reale Veranstaltungen stattfanden.

Auf der anderen Seite kam die Leidenschaft hinzu. Weil ich festgestellt habe, dass mir die Technik für diese Online-Geschichten ganz viel Spaß macht: Mikrofon, Kamera und Streaming-Software. Ich habe innerhalb von ein paar Tagen mit einem ebenso begeisterungsfähigen und Technik-affinen Freund ein kleines Sendestudio in meinem Home Office aus dem Boden gestampft. Und habe kaum geschlafen und drei Kilo abgenommen, weil ich schlichtweg vergessen hatte zu essen.

Das war erstaunlich, es hat sich so angefühlt, als ob sich die Energie bei mir vermehrt hätte, auch wenn das physikalisch unmöglich ist. Ich habe gelesen: Selbst wenn Begeisterte wie besessen arbeiten, dann scheinen sie gegen ein Ausbrennen immun zu sein. Es ist so, als würde sich die Begeisterung wie ein Schutzfilm um den Körper legen und die Aufgabe selbst wird zum Elixier, also zum Zaubertrank. Das war eine sehr spannende Erfahrung für mich.

In Deinem Buch beschreibst Du die glorreichen Sieben – 7 „Mental Switches“, die wirken. Kannst Du uns hier kurz die drei wichtigsten verraten?

Baumgartner: Vielleicht erkläre ich kurz, was ein „Mental Switch“ ist, eine freundliche Umprogrammierung im Kopf. Ich höre eine Botschaft, sie erscheint schlüssig und daraufhin versuche ich im Kopf einen Schalter umzulegen, um zu besseren Lösungen oder einfach zu einem erfüllteren Leben zu kommen.

Für den ersten „Mental Switch“ habe ich selbst extrem lange gebraucht. Er lautet: Sei bereit, das Gute anzunehmen. Wenn Du Menschen in Deinem Umfeld danach fragst, sagen sie natürlich, dass sie das können. Aber wenn man genauer hinschaut, stellt man bei dem einen oder anderen fest, dass dem nicht so ist. Ein Mitglied im Lions Club, ein Unternehmer, hat mal zu mir gesagt: „Mensch, Du gibst doch tolle Seminare, möchtest Du nicht mal meine Mannschaft trainieren?“

Ich sagte, „na ja, ich koche auch nur mit Wasser, lass uns mal schauen“. Anstatt zu sagen: „Klar, super Idee! Lass uns treffen, wann soll es denn losgehen?“ Also bist Du bereit, das Gute in Dir auch anzunehmen? Hin und wieder in der Öffentlichkeit zu sagen, dass man etwas ganz gut kann ist hilfreich. Ja zu sich selbst zu sagen und zu versuchen, mehr die Stärken bei sich zu sehen, als die Grenzen und Schwächen.

Oder auch die Frage, wenn es um den Status im Job geht. Erlaubst Du Dir, im Berufsleben eine Nummer eins zu sein oder bestenfalls eine gute Nummer zwei? Also erinnere Dich Deiner Größe, sei bereit, das Gute auch in Dir anzunehmen.

„Mental Switch“ Nummer zwei lautet: Ich muss alles selber können. Aber das muss man eben nicht. Hier empfehle ich, sich einen Lebensmentor zu holen. Das habe ich auch gemacht, viel zu spät übrigens, mit etwas über 40 Jahren.

Der Mentor ist eine Figur aus Homers Epos Odyssee, im ursprünglichen Sinne ein älterer, kluger und wohlwollender Berater eines jungen Menschen. Und genauso wenig wie ein Minister gleichzeitig Ahnung von Außen-, Wirtschafts- und Innenpolitik haben kann, genauso unmöglich ist es, alle Fragen des Lebens selbst zu beantworten. Wir sind alle nur Menschen.

Gewisse Situationen erscheinen uns ja umso komplexer, je mehr wir darin verstrickt sind. Besonders wertvoll ist da die Draufsicht eines anderen Menschen, zu dem man absolutes Vertrauen hat. Ich nenne meine Berater nicht Mentoren, sondern väterliche Freunde und Ratgeber.

Das hat vielleicht auch damit zu tun, dass mein Vater relativ früh gestorben ist, dass ich sehr viele väterliche Freunde und Ratgeber habe. Natürlich sind das auch Mentoren für mich, sie heißen dann Martin, Klaus, Rainer oder Robert und ihr Wort hat Gewicht für mich. Ich nehme das, was sie sagen durchaus ernst, sonst bräuchte ich sie ja nicht.

 

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Paul Johannes Baumgartner,DAS GEHEIMINS DER BEGEISTERUNG

 

Der dritte „Mental Switch“ richtet sich an alle, die gerade in ihrem Beruf nicht sehr happy sind: Was Du beruflich tust, tust Du freiwillig! Auch das musste ich lernen. Das ist natürlich bei dem einen oder anderen Empfänger dieser Botschaft nicht sonderlich beliebt. Denn der Ratschlag eines Bekannten, der mich in meiner Zeit als Angestellter hart getroffen hat, war folgender: Kündige doch!

Ich war zwar unzufrieden mit meiner damaligen beruflichen Situation, aber auch bequem. Denn viel lieber habe ich mich über die Umstände beschwert und mir die alten Zeiten zurückgewünscht. Aber er hatte recht. Kein Mensch zwingt uns beruflich das zu tun, was wir tun.

Es gibt natürlich Sachzwänge, aber letztendlich ist es unsere freie Entscheidung, dass wir selbständig sind oder dass wir genau in dem Unternehmen arbeiten, wo wir aktuell tätig sind. Die Firma zwingt uns nicht, tagtäglich reinzugehen, also machen wir ihr keinen Vorwurf, es liegt an uns. Was wir beruflich machen, tun wir freiwillig.

Hier eine Buchempfehlung, die oft weiterhilft: „50 Jobs worse than yours“. Ich nehme gerne den Sherpa als Beispiel. Sein Job ist es, Mount-Everest-Bergsteigern beim Klettern, Zeltaufbauen, Kochen und Schleppen zu helfen, Verdienst etwa 5,30 Euro am Tag, Vorteil hohes internationales Ansehen, Nachteil in 8.500 Metern Höhe erfriert man für gewöhnlich. Vielleicht hilft dieser Vergleich ja mal an der einen oder anderen Stelle.

Du sagst: Vision ohne Aktion ist eine Illusion! Was heißt das genau?

Baumgartner: Was haben Menschen, die von etwas begeistert sind und in aller Regel etwas vorweisen konnten getan? Etwas ganz zentrales, denn sie sind ins Tun gekommen! Das heißt ganz einfach, sie haben angefangen. Und der Anfang ist für viele echt ein Problem.

Es ist wissenschaftlich bewiesen, dass das Anfangen wesentlich leichter fällt, wenn man sich ein Ziel setzt, oder noch besser, eine Vision hat. Das kann ein neues Hobby sein, eine berufliche Veränderung, die Digitalisierung im Unternehmen oder ganz profan, ab morgen Joggen zu gehen. Dann macht man jeden Tag einen kleinen Schritt aus der vielzitierten Komfortzone heraus.

Dazu zählt erstens, Hemmschwellen zu überwinden und Hindernisse zu erkennen, die uns aufhalten. Ein klassischer Fall ist der innere Schweinehund, der uns mit schwerem Gepäck aus Angst, Gewohnheiten und schlechten Erfahrungen immer wieder zurück in die Komfortzone zieht.

Zweitens darf man sich nicht alles auf einmal vornehmen, sondern immer nur eine konkrete Aufgabe, eine Etappe auf dem Weg zum Ziel. Das reicht völlig aus. Ich drucke mir immer wieder einen Zettel aus, wenn ich ein neues Projekt vor mir habe, hänge ihn gut sichtbar bei mir am Arbeitsplatz auf und darauf stehen nur fünf Wörter: Was ist die eine Sache! Und da fließt dann meine Energie rein. Das heißt: Konkret statt viel und eine Fokussierung auf das Wesentliche bringen uns weiter

Und was uns drittens auch häufig vom Anfangen abhält, ist der Perfektionismus. Den sollten wir möglichst ablegen. Wir alle wissen, was Bananensoftware ist, nämlich Software, die beim Kunden reift. Das heißt, nicht ewig lange im Labor an einer Idee herum tüfteln und damit 100 Prozent erreicht, sondern einfach anfangen und raus damit! Sich ein Projekt vornehmen, die Ärmel hochkrempeln.

Oder wie Sheryl Sandberg, die Co-Geschäftsführerin von Facebook sagt: „Done is better than perfect!“ Etwas getan zu haben ist besser, als zu warten, bis es perfekt ist.

Du hast vorhin gesagt, dass das Anfangen wesentlich leichter fällt, wenn man sich ein Ziel setzt oder noch besser eine Vision hat. Worin besteht der Unterschied? Für viele sind „Ziel“ und „Vision“ ja ein und dasselbe.

Baumgartner: Der Unterschied liegt darin, dass eine Vision das große Ganze ist und über allem steht. Daraus ergeben sich dann einzelne Etappen-Ziele. John F. Kennedy war hier ganz vorne mit dabei. Von dem ehemaligen US-Präsidenten stammen die nachhaltigsten visionären Leitbilder.

Kennedy wollte unbedingt, dass die Amerikaner als erste Nation, vor allen Dingen vor den Russen, den Mond betreten. Deswegen hat er Lyndon B. Johnson, dem Vorsitzenden des Weltraumausschusses, mal etwas Druck gemacht.

Er hat ihm ein Memorandum auf den Tisch gehauen, ihn bei der Ehre gepackt und gesagt: Erstellen Sie mir doch mal eine Übersicht, wo wir in Sachen Raumfahrt gerade stehen! Und hat ihm ein paar zielführende Fragen gestellt, die die Vision untermauert haben:

Haben wir eine Chance gegen die Russen? Sind wir in der Lage, einen Menschen auf den Mond zu bringen? Arbeiten wir an diesem Ziel 24 Stunden lang? Machen wir die größtmöglichen Fortschritte? Erreichen wir unsere Ziele? Und womit? Ich möchte die Antwort darauf zum schnellstmöglichen Zeitpunkt.

So, wie John F. Kennedy dieses Memorandum formuliert hat, spürt man schon eine gewisse Dringlichkeit. Damals war das eine nahezu unerfüllbare Aufgabe. Aber Johnson hat gesagt, ich habe verstanden, das ist die Vision, da soll die Reise hingehen. Er hat sich zügig an die Arbeit gemacht und wenige Tage später hat Kennedy seine berühmte Rede an das amerikanische Volk gerichtet.

Darin fällt der wunderbare Satz, der im Zusammenhang mit der eigenen Vision durchaus Sinn macht: „Ich glaube, dass diese Nation sich verpflichten sollte, vor Ablauf dieses Jahrzehnts einen Menschen auf den Mond zu bringen und wieder sicher zurück zur Erde“.

Dann hing also plötzlich diese Vision im Raum und etwas Spannendes ist passiert. Dieses Memorandum und die Rede haben eine noch nie dagewesene Leistungsexplosion bei der NASA entfacht. Sie haben die Vision gesehen und die einzelnen Etappen verstanden. Und sich gefragt: Was müssen wir tun, um dahin zu kommen?

Die Mitarbeiter der NASA haben dann Tag und Nacht daran gearbeitet. Wenn jemand schlafen musste, dann hat er das meist im Stehen und im Büro getan. Die Frauen haben, wie es damals üblich war, ihren Männern das Essen in die Arbeit gebracht, damit die armen Kerle nicht verhungern. Obwohl die Männer so gut wie nie Zuhause waren, ging sogar die Scheidungsrate zurück und die Zahl der Krankmeldungen gegen null. Erschöpfung oder Dienst nach Vorschrift waren Fremdwörter. Das war alles dieser Vision geschuldet.

 

Paul Johannes Baumgartner

 

Die Arbeit ist für die NASA-Mitarbeiter also zur Leidenschaft geworden. Diese Euphorie hat sage und schreibe zehn Jahre angehalten, bis im Juli 1969 die amerikanische Raumfähre Eagle auf dem Mond landete und Neil Armstrong als erster Mensch den Mond betrat: Ein kleiner Schritt für einen Menschen, ein Riesen Schritt für die Menschheit.

Was ich damit sagen will ist: Je klarer jeder vor uns eine Vision und daraus abgeleitet die Etappenziele vor Augen hat, desto mehr geht es ab! Warum hat das bei Kennedy mit der Mondlandung funktioniert? Die Vision stand klar und deutlich im Raum.

Zu den Bestandteilen einer Vision gehört zuerst die Klarheit, inhaltlich und sprachlich. Je klarer ich für mich und alle Beteiligten ein Ziel definiere und kommuniziere, desto einfacher ist es zu erreichen. Zweitens die Dringlichkeit, ich muss es also wirklich wollen und einen Sinn und eine Notwendigkeit darin sehen. Es muss ein „must have“ und kein „nice to have“ sein.

Drittens – und daran scheitern übrigens auch die meisten Projekte – das Einfordern eines Commitments, einer Verpflichtungserklärung auf allen Ebenen. Kennedy hat nicht gesagt, könnten sie sich vielleicht vorstellen, diese Vision umzusetzen. Sondern er ist offensiv herangegangen und hat gesagt: „Ich glaube, dass diese Nation sich verpflichten sollte …“.

Der Begeisterung kommt gerade auch in der Wirtschaftswelt eine große Bedeutung zu. Was sind die Gründe dafür?

Baumgartner: Hauptgrund ist, dass die Unternehmen erkannt haben: Die Loyalität steigt, wenn Begeisterung mit im Spiel ist. Begeisterte Kunden und Mitarbeiter bleiben einem Unternehmen meist länger treu. Damit ist Begeisterung durchaus ein Wirtschaftsfaktor.

Warum ist es heute so wichtig für Unternehmen, gute Mitarbeiter zu Fans zu machen?

Baumgartner: Weil die Unternehmen einfach wissen, wenn es um die richtig guten Leute, die Talente geht: Die brauchen uns nicht, aber wir brauchen sie! Der „War for Talents“. Am besten kommen die Unternehmen durch die sagen, lasst uns die Firma sein, zu der man will und daraufhin ihre Aktivitäten ausrichten.

Die sich interessant machen für neue Mitarbeiter und von vorneherein schon sagen: Du lieber Mitarbeiter bist uns wichtig! Die das Thema Wertschätzung nicht nur in ihrem Mission Statement stehen haben, sondern es auch wirklich leben. Das ist Mitarbeitern extrem wichtig.

Der Kunde ist ja bekanntlich König, doch wird er ja häufig selten so behandelt. Du plädierst für Kundenbegeisterung statt für Kundenzufriedenheit. Was ist der Unterscheid und warum ist es so wichtig für Unternehmen, ihre Kunden auch wirklich zu begeistern, statt nur zufriedenzustellen?

Baumgartner: Zuallererst, was ist der Unterschied zwischen Fans und Kunden? Ganz plakativ gesagt: Kunden muss man locken, Fans kommen von ganz alleine. Kunden geben ihr Geld – Fans geben auch ihr Geld, aber sie geben on top noch etwas viel schöneres, nämlich auch ihr Herz. Sie haben also eine emotionale Verbindung zum Unternehmen.

Hinzu kommt, dass Kunden Kritiker sind. Wenn etwas schief läuft, dann legen sie gerne mal den Finger in die Wunde, weil sie eben keine emotionale Verbindung zum Unternehmen haben. Dagegen sind Fans freiwillige Werbeträger einer Firma und verzeihen auch gerne, wenn mal etwas schief läuft.

Nun zum zweiten Teil der Frage: Warum ist es so wichtig für Unternehmen, ihre Kunden auch wirklich zu begeistern, statt nur zufriedenzustellen? Kundenzufriedenheit ist zwar eine Voraussetzung für Loyalität, und damit auch Voraussetzung für die Steigerung von Umsatz und Gewinn. Aber Kundenzufriedenheit alleine sagt noch lange nichts über die langfristige Kunden-Bindung aus.

Die Loyalitätsforschung zeigt, dass es zufriedene Kunden gibt, die nicht loyal sind. Sie wechseln die Marke und das Angebot, ohne dass es dafür einen konkreten Anlass gibt. Sie treffen eine neue Wahl und haben sich einfach um entschieden, warum auch immer. Begeisterte Kunden dagegen sind loyal, weniger preissensibel und empfehlen ein Unternehmen sowie dessen Produkte oder Dienstleistungen weiter. Das rechnet sich am Ende.

Du hast Dich ja als Keynote-Speaker auf Unternehmensveranstaltungen und Wirtschaftskongresse spezialisiert und gibst auch Seminare zum Thema Begeisterung. Kannst Du einen kurzen Einblick in Deine Arbeit geben? Welche Zielgruppe sprichst Du an?

Baumgartner: Bei mir geht es immer um das Thema Begeisterung: Kunden, Mitarbeiter oder sich selbst zu begeistern. Die Zielgruppen sind Führungskräfte und Vertriebsmitarbeiter, der Schwerpunkt liegt auf dem Mittelstand. Mein Angebotsportfolio umfasst Inhouse-Seminare, Vorträge bei Management-Tagungen, Führungszirkeln und Vertriebs-Events. Der Tenor oder die große Klammer bei allem was ich tue lautet immer : Begeisterung ist alles und ohne Begeisterung ist alles nichts!

Was ist Dein ganz persönlicher Sinn des Lebens?

Baumgartner: Meinen persönlichen Sinn des Lebens sehe ich darin, die größtmögliche Freude in allem was ich tue zu erlangen. Dabei möchte ich immer neugierig, hungrig, und wissbegierig bleiben. Und mein Leben nicht mit dem erreichten Status quo über die Runden bringen.

Das Interview führte Markus Hofelich.

Weitere Informationen: www.pauljohannesbaumgartner.de

 

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