Selbstverwirklichung: Werde der, der Du bist!

by Hofelich
Selbstverwirklichung und der Sinn des Lebens. Die besten Tipps aus Psychologie und Philosophie.

Die Selbstverwirklichung spielt bei der Suche nach dem Sinn des Lebens eine zentrale Rolle. Doch was genau bedeutet es, sich selbst zu verwirklichen? Nach Abraham Maslow hat die Selbstverwirklichung zum Ziel, das eigene Wesen völlig zur Entfaltung zu bringen und die individuell gegebenen Möglichkeiten und Talente möglichst umfassend auszuschöpfen. Dabei geht es sowohl in der Psychologie, als auch in der Philosophie jedoch nicht um kalten Egoismus oder ein rücksichtsloses Durchsetzen eigener Interessen. Sondern vielmehr um Selbstentfaltung, die immer im Einklang mit ethischen Wertvorstellungen, Altruismus und einem guten zwischenmenschlichen Umgang steht. Zweifelsohne ist die menschliche Natur auf Selbstverwirklichung angelegt. Wer danach strebt, gibt seinem Leben Aufgabe, Ziel und Richtung. Deswegen: „Werde der, der Du bist!“, wie Friedrich Nietzsche den griechischen Lyriker Pindar zitiert.

Die Selbstverwirklichung an der Spitze von Maslows Bedürfnispyramide

Der Psychologe Abraham Maslow hat die Selbstverwirklichung an die Spitze seiner Bedürfnishierarchie gestellt – bevor er später noch die Transzendenz darüber setzte. Dabei ging es ihm ganz und gar nicht um die egoistische Durchsetzung eigener Interessen. Im Gegenteil, der US-amerikanische Psychologe strebte eine Psychologie seelischer Gesundheit an.

Er wandte sich gegen das pessimistische Menschenbild der Anfang des 20. Jahrhunderts vorherrschenden psychologischen Schulen der Psychoanalyse Sigmund Freuds und des Behaviorismus, die das Verhalten des Menschen animalistisch auf Triebe und Reflexe reduzierten. Maslow dagegen war der Meinung, dass der Mensch in seiner Ganzheit nicht durch niedere Triebe gesteuert ist, sondern durch ein angeborenes Wachstumspotential angetrieben wird, um sein höchstes Ziel – die Selbstverwirklichung – zu erreichen.

Der starke Drang des Menschen nach Sinnerfüllung und Selbstverwirklichung

Der Psychologe war der Überzeugung, dass wir alle den starken Drang nach Selbstverwirklichung und Sinnerfüllung spüren. Der Mensch wünscht sich, sein eigenes Potential voll zu entfalten. Er oder sie möchte die eigenen Ziele, Sehnsüchte und Wünsche verwirklichen und strebt danach das zu werden, was ihm oder ihr aufgrund der eigenen individuellen Anlagen überhaupt möglich ist.

In seinem Buch „Motivation und Persönlichkeit“ ergänzt Maslow noch spezielle motivierende Bedürfnisse und Werte, die den Menschen bei dem Streben nach Selbstverwirklichung antreiben. Hier wird deutlich, welche wichtige Bedeutung ethische Werte und ein guter mitmenschlicher Umgang dabei haben.

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Wer sich selbst verwirklicht, benötigt folgendes, um glücklich zu sein:
  • Aufrichtigkeit statt Unaufrichtigkeit
  • Güte statt Boshaftigkeit
  • Schönheit statt Hässlichkeit oder Gemeinheit
  • Einheit, Ganzheit und Transzendenz der Gegensätze und nicht Willkür oder erzwungene Entscheidungen
  • Lebendigkeit, nicht Regungslosigkeit oder ein mechanisiertes Leben
  • Einzigartigkeit, nicht die beruhigende Uniformität
  • Perfektion und Notwendigkeit, nicht Nachlässigkeit, Unbeständigkeit oder Zufall
  • Vollendung statt der Zustand des Unvollendeten
  • Gerechtigkeit und Ordnung, nicht Ungerechtigkeit und Gesetzlosigkeit
  • Einfachheit, keine unnötige Komplexität
  • Reichhaltigkeit, keine Verarmung der Umgebung
  • Mühelosigkeit, nicht Anstrengung
  • Das Spielerische, keine grimmige humorlose Plackerei
  • Genügsamkeit, nicht Abhängigkeit
  • Bedeutsamkeit statt Sinnlosigkeit

Quelle: C. George Boeree

 

Selbstverwirklichung und der Sinn des Lebens. Die besten Tipps aus Psychologie und Philosophie.

Was Menschen auszeichnet, die sich selbst verwirklichen

Um den Aspekten der Selbstverwirklichung noch genauer auf die Spur zu kommen, hat sich Maslow die Lebensgeschichten bekannter Persönlichkeiten angesehen. Menschen, die seiner Meinung nach ein hohes Maß an Selbstverwirklichung realisiert hatten, wie etwa Abraham Lincoln, Thomas Jefferson oder Albert Einstein. Aus der Analyse der Biografien entwickelte er eine Liste von Qualitäten, die aus seiner Sicht für diese Menschen charakteristisch waren, nicht jedoch für die Masse der Bevölkerung.

Demnach besitzen Menschen, die sich selbst verwirklichen, stark ausgeprägte ethische Wertvorstellungen, sie verlassen sich auf die eigenen Erfahrungen und das eigene Urteilsvermögen. Sie sind lieber sie selbst, verstellen sich nicht und unterwerfen sich auch nicht dem gesellschaftlichen Druck. Diese legen großen Wert darauf, sich selbst und andere Menschen so zu akzeptieren wie Sie sind, statt sie nach ihren eigenen Vorstellungen ändern zu wollen.

Zudem haben diese Persönlichkeiten das zeitweise Bedürfnis nach Einsamkeit und fühlen sich auch alleine wohl. Gleichzeitig pflegen sie vertraute persönliche Beziehungen zu einigen engen Freunden und Familienmitgliedern, statt zahlreiche oberflächliche Bekanntschaften. Hinzu kommen ein Sinn für Demut und Respekt anderen gegenüber sowie Gemeinschaftsgefühl, gesellschaftliches Interesse, Mitgefühl und Menschlichkeit.

Neugier, Kreativität und Originalität 

Zudem zeigen diese Personen Neugier und eine Aufgeschlossenheit, selbst alltägliche Dinge zu bestaunen, was mit Kreativität, Erfindungsreichtum und Originalität einhergeht. Die Schwierigkeiten des Lebens sehen sie als Probleme, die eine Lösung verlangen, statt vor diesen zu kapitulieren und sie als persönliche Kränkung zu empfinden.

Sie sind der Auffassung, dass der Zweck nicht die Mittel heiligt, dass die Mittel auch selbst Ziele sein können und dass der Weg oft bedeutsamer ist, als das Ziel selbst.

Darüber hinaus stellt Maslow bei diesen Persönlichkeiten überdurchschnittlich viele Gipfelerlebnisse fest. Spirituelle Erfahrungen, bei denen sie sich als Teil der Unendlichkeit oder des Ewigen empfinden und sich eins fühlen mit der Natur oder mit Gott.

Tröstlich ist, dass auch die „Selbstverwirklicher“ nicht perfekt sind und Schwächen besitzen. Die einen leiden unter realistischen Ängsten und Schuldgefühlen, andere sind zuweilen geistesabwesend oder übermäßig gütig. Manche zeigen wider Erwarten sogar Unbarmherzigkeit, Kälte und Humorlosigkeit.

Aristoteles: Glück durch Selbstverwirklichung

Doch Selbstverwirklichung ist keine Erfindung der Neuzeit. Bereits in der Antike galt sie als hohes, erstrebenswertes Gut. Nach Aristoteles, einem der bedeutendsten Philosophen der Geschichte, liegt der Weg zum Glück auch darin.

Er sagt, dass jedes Lebewesen, jeder Organismus und jedes Sein ursprünglich ein Ziel und einen Zweck in sich selbst trägt, der danach strebt, sich im ganzen Umkreis seiner Möglichkeiten zu verwirklichen. Wie der Keim dazu drängt, Pflanze zu werden. Er muss es werden, will er sich verwirklichen, so Aristoteles.

Jedes Lebewesen trägt Zweck und Ziel in sich selber und entfaltet sich seiner inneren Zielstrebigkeit gemäß. Für Aristoteles strebt alles was ist danach, sich in der Fülle seiner Möglichkeiten, auf die hin es angelegt ist, zu verwirklichen. Die ganze Welt drängt zu ihrer eigensten Vollkommenheit. Die Natur selbst ist nichts anderes als dieser Drang, sie ist ein ungeheures Geschehen der Selbstverwirklichung und Selbstvervollkommnung.

Die Bestimmung des Menschen: Sein Wesen zu verwirklichen 

Das gilt auch für den Menschen. Seine Bestimmung ist, dass er, was er vom Wesen her ist, so sehr wie möglich verwirklicht und zur Vollendung bringt. Auch hier spielen ethische Werte eine bedeutende Rolle. Nach Aristoteles ist der Mensch aus dem Grunde seines Wesens heraus gut und seine sittliche Aufgabe besteht darin, die ursprüngliche Güte seines Wesens zu verwirklichen. Der Sinn des menschlichen Daseins liegt darin, dass er die Vernunft ausbildet und zur Welterkenntnis findet.

In seinem Werk der Nikomachischen Ethik gibt Aristoteles einen Leitfaden dafür, wie man seiner Meinung nach ein guter Mensch werden kann. Und ein Leben im Sinne der Eudaimonia führt – also der seelischen Glückseligkeit, die für ihn als höchstes Gut überhaupt gilt.

Nach Aristoteles ist derjenige glückselig, der vor allem die von Natur aus in ihm liegenden Tugenden und Tüchtigkeiten innerhalb der Gemeinschaft und dem Staat entfaltet. Beim Handeln kommt der Vernunft zu, die Herrschaft auszuüben. Sittlich ist für Aristoteles nur ein Handeln, das sich nicht blindlings von den Leidenschaften leiten lässt, sondern durch die Vernunft und Besonnenheit.

 

 

Arthur Schopenhauer: Das allerwichtigste ist das, was einer in sich ist und an sich selber hat

Auch der deutsche Philosoph Arthur Schopenhauer sieht in der Entfaltung des eigenen Potenzials und der Persönlichkeit eine zentrale Quelle des Lebensglücks. In seinem im 19. Jahrhundert veröffentlichten Werk „Aphorismen der Lebensweisheit“ erklärt er, dass die Persönlichkeit und deren Wert – also „das, was einer in sich ist und an sich selber hat“ – das allerwichtigste ist.

Weil die Persönlichkeit beständig und immer wirksam ist. Weil sie nicht wie die Güter dem Schicksal unterworfen ist und uns deshalb auch nicht wie diese entrissen werden kann. „Allein die Beschaffenheit des Bewusstseins ist das Bleibende und die Individualität wirkt fortdauernd, anhaltend in jedem Augenblick“, erklärt Arthur Schopenhauer.

Allerdings, so der Philosoph, wurde uns die Persönlichkeit jure divino (durch göttliches Gesetz oder von Gott gegeben) in die Wiege gelegt und steht für das ganze Leben unveränderlich fest. Für Schopenhauer ist das einzige, was in unserer Macht steht, dass wir die gegebene Persönlichkeit zum möglichsten Vorteil nutzen.

Deswegen sollten wir nur die unserer Persönlichkeit entsprechenden Bestrebungen verfolgen und uns um die Art von Ausbildung bemühen, die ihr angemessen ist, jede andere aber meiden. Das heißt, wir sollen den Stand, die Beschäftigung und die Lebensweise wählen, die zu unserer individuellen Persönlichkeit passt.

Die Gesundheit und Ausbildung eigener Fähigkeiten sind wichtiger als Reichtum 

Für Schopenhauer ist es folglich für jeden Menschen weiser, auf den Erhalt seiner Gesundheit und auf die Ausbildung seiner Fähigkeiten hinzuarbeiten, als auf materiellen Reichtum. Dabei sollte man natürlich nicht völlig vernachlässigen, ein zum Leben nötiges und angemessenes Einkommens anzustreben.

Doch wofür sollte man seine Kräfte sinnvoll zum eigenen Glück einsetzen? Man sollte seine Persönlichkeit und seine angeborenen Fähigkeiten und Stärken weiterentwickeln. Schopenhauer zitiert Aristoteles, dass das Glück eines Menschen in der ungehinderten Ausübung seiner hervorstechenden Fähigkeiten besteht:

„Seine Trefflichkeit, welcher Art sie auch sei, ungehindert üben zu können, ist das eigentliche Glück.“

Und er ergänzt Goethes Ausspruch im Wilhelm Meister:

„Wer mit einem Talent zu einem Talent geboren ist, findet in demselben sein schönstes Dasein.“

Daher ist für Schopenhauer eine Tätigkeit, etwas zu treiben, wenigstens etwas zu lernen zum Glück unerlässlich. Denn die Kräfte des Menschen verlangen nach ihrem Gebrauch und er möchte den Erfolg irgendwie wahrnehmen.

Folgende Schlüsselzitate von Arthur Schopenhauer zu diesem Thema machen dies deutlich:

„Inzwischen treibe jeder etwas nach Maßgabe seiner Fähigkeiten. Sich zu mühen und mit Widerständen zu kämpfen ist dem Menschen Bedürfnis, wie dem Maulwurf das Graben.

Der Stillstand wäre ihm unerträglich. Hindernisse überwinden ist der Vollgenuss des Daseins.“

„Die größte Befriedigung jedoch, gewährt es etwas zu machen, zu fertigen, sei es ein Korb, ein Buch. Aber dass man ein Werk unter seinen Händen täglich wachsen und endlich seine Vollendung erreichen sehe, beglückt unmittelbar.

Dies leistet ein Kunstwerk, eine Schrift, ja selbst eine bloße Handarbeit. Je edlerer Art, desto höher der Genuss.“

Für Schopenhauer sind die Naturanlagen wie die Persönlichkeit sicher, die Schätze nicht. Das Schicksal kann sich ändern, die eigene Beschaffenheit nicht. Demnach sind die subjektiven Güter, wie ein edler Charakter, ein fähiger Kopf, ein glückliches Temperament, ein heiterer Sinn und ein wohlbeschaffener, völlig gesunder Leib, die wichtigsten Dinge für unser Glück. Darauf sollten wir mehr achten, als auf den Besitz von äußeren Gütern und Ehre.

Großer Reichtum und materieller Überfluss vermögen für Schopenhauer nur wenig zu unserem Glück beizutragen. Im Gegenteil. Viele Reiche fühlen sich unglücklich, weil sie ohne irgendein objektives Interesse sind, das sie zu geistiger Beschäftigung führen könnte. Was leistet Reichtum über die Befriedigung der natürlichen Bedürfnisse hinaus? Lediglich die Sorge über den Erhalt eines großen Besitzes, so Schopenhauer. Dennoch sind die Menschen tausend mal mehr bemüht, sich Reichtum statt Geistesbildung zu erwerben, kritisiert der Philosoph.

Zu diesem Aspekt hier noch zwei weitere treffende Zitate von Arthur Schopenhauer:

„Gar manchen daher sehen wir, in rastloser Geschäftigkeit, emsig wie die Ameise, vom Morgen bis zum Abend bemüht, den schon vorhandenen Reichtum zu vermehren. Über den engen Gesichtskreis hinaus kennt er nichts: Sein Geist ist leer, daher für alles andere unempfänglich.

Die höchsten Genüsse, die geistigen, sind ihm unzugänglich. Durch die flüchtigen, sinnlichen, wenig Zeit, aber viel Geld kostenden, die er zwischendurch sich erlaubt, sucht er vergeblich jene andern zu ersetzen.

Am Ende seines Lebens hat er dann, als Resultat, wenn das Glück gut war, wirklich einen großen Haufen Geld, welchen noch zu vermehren, oder aber durchzubringen, er jetzt seinen Erben überlässt.“

 

„Die Leere ihres Innern, das Fade ihres Bewusstseins, die Armut ihres Geistes, treibt sie zur Gesellschaft. Da wird dann gemeinsame Jagd gemacht auf Kurzweil und Unterhaltung, die sie zunächst in sinnlichen Genüssen, Vergnügungen und Ausschweifungen suchen.

Die Quelle der Verschwendung, die manch reicher Familiensohn sein großes Erbe in unglaublich kurzer Zeit durchbringt, ist nur die Langeweile, welche aus der Armut und Leere des Geistes entspringt.

Äußerlich reich, innerlich arm, versucht er vergeblich, durch den Äußeren den inneren Reichtum zu ersetzen und führt am Ende auch die äußere Armut herbei.“

 

Selbstverwirklichung und der Sinn des Lebens. Die besten Tipps aus Psychologie und Philosophie.

 

Praktische Anwendung in der Humanistischen und der Positiven Psychologie

Glücklicherweise blieben die Konzepte zur Selbstverwirklichung nicht bloß graue Theorie mit wohlgemeinten Ratschlägen, sondern fanden ihre praktische Anwendung in den Schulen der Humanistischen sowie der Positiven Psychologie. Abraham Maslow zählt zu den zentralen geistigen Gründervätern dieser beiden Richtungen.

Sie wollen dazu beitragen, dass sich gesunde, sich selbst verwirklichende und schöpferische Persönlichkeiten entfalten können. Auch die beiden bereits früher zitierten Experten, der Begründer der Logotherapie Viktor Frankl sowie der Psychoanalytiker Erich Fromm stehen diesen Ansätzen sehr nahe.

In diesem geistigen Umfeld hat sich auch in den 1960er Jahren das Human Potential Movement (HPM) entwickelt, bei dem die Entfaltung der menschlichen Persönlichkeit und Potenziale sowie die Sinnerfüllung des Lebens im Mittelpunkt stehen.

Die wichtigsten Grundannahmen des HPM lauten:
  • In jedem Menschen sind die Wünsche nach Selbstentfaltung und Sinnerfüllung seines Lebens angelegt, die den höchsten Ausdruck des menschlichen Seins darstellen.
  • Diese gilt es zu stärken, anstatt die Menschen an die Bedürfnisse der Gesellschaft anzupassen.
  • Die Entfaltung des Potentials zur Selbstverwirklichung führt zu größerer Reife, Angstfreiheit, Gesundheit, Selbsterfüllung und Lebenssinn.
  • Der Fokus liegt auf dem Hier-und-Jetzt (anstatt auf der Kindheit, Lebensgeschichte oder der Bearbeitung alter Konflikte), auf den gesunden Anteilen im Menschen (anstatt auf etwaigen Störungen, die es zu beseitigen gilt) und auf der Förderung von Ressourcen und Wachstum.

Mit seinen Ideen beeinflusste das HPM maßgeblich die weitere Entwicklung in zahlreichen Psychotherapierichtungen der Humanistischen und der Positiven Psychotherapie.

Kritik an der Selbstverwirklichung: Ungezügelter Egoismus und Individualismus

In der öffentlichen Wahrnehmung stoßen wir jedoch auch immer wieder auf Kritik, wenn es um das Thema Selbstverwirklichung geht. Häufig wird der Begriff mit einem rücksichtslosen Ausleben der eigenen Wünsche, Sehnsüchte und des eigenen Individualismus gleichgesetzt. Zudem, so ein verbreiteter Vorwurf, diene die Selbstverwirklichung lediglich dazu, übersteigerten Egoismus und Narzissmus zu rechtfertigen.

Doch wie wir gesehen haben, ging es weder Abraham Maslow noch Aristoteles oder Arthur Schopenhauer sowie der Humanistischen und Positiven Psychologie darum, selbstzentrierte Egoisten zu fördern, die knallhart und um jeden Preis ihre eigenen Interessen durchsetzen wollen und dabei keinerlei Rücksicht auf andere nehmen. Ganz im Gegenteil, all diese Denker und psychologischen Richtungen zielten auf die positiven Effekte der Selbstverwirklichung auf den Menschen als soziales Wesen ab, die sich dann auch positiv auf die Gesellschaft auswirken.

Nach deren Konzepten, Modellen und Philosophien sind ethische Wertvorstellungen, Altruismus und ein guter zwischenmenschlicher Umgang wesentliche Elemente der Selbstverwirklichung. Zweifelsohne ist die menschliche Natur auf Selbstverwirklichung angelegt. Wer danach strebt, gibt seinem Leben Aufgabe, Ziel und Richtung. Deswegen: „Werde der, der Du bist!“, wie Friedrich Nietzsche den griechischen Lyriker Pindar zitiert. Und das alles gilt natürlich auch immer im Rahmen der Umstände, in denen wir uns befinden.

Hier ist folgendes Zitat von Reinhold Niebuhr eine Maxime, die uns ein Leitbild sein kann:

„Gott gebe mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.“

So kann die Selbstverwirklichung in fruchtbare Bahnen gelenkt werden.

 

 

 

 

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