Was ist Liebe wirklich? Zweifelsohne ist sie die stärkste Form der Zuneigung zu anderen Menschen, geprägt von innigen Gefühlen, Sympathie, echter Wertschätzung und tiefer Verbundenheit. Ihre wichtigste Basis sind Selbstliebe und Empathie. Die Sehnsucht nach wahrer Liebe ist das stärkste Streben im Menschen. Sie geht über die intensive Leidenschaft und Zärtlichkeit eines Liebespaares weit hinaus. Die Liebe ist auch die wichtigste treibende Kraft hinter jedem kreativen Schaffensprozess, hinter jedem Ziel, Ideal und jeder Lebensaufgabe, die tief aus dem Herzen kommt. Letztendlich ist sie die grundlegende Basis für ein glückliches und sinnerfülltes Leben. Oder wie Dietrich Bonhoeffer sagt: „Da, wo Liebe ist, ist der Sinn des Lebens erfüllt“. Um wahre Liebe zu finden, in sich selbst und anderen, gibt es wichtige Voraussetzungen.
Was Liebe wirklich ist: Die universelle Kraft, die die Welt antreibt und zusammenhält
Die Liebe ist eine universelle Energie, die sich in vielen Facetten ausdrückt: in der Liebe zu anderen Menschen – dem Lebenspartner, den Eltern, Geschwistern, Freunden –, der Liebe zu uns selbst, zu einem Ideal, zu unserem Beruf, unserer Lebensaufgabe, zu Gott und zum Leben an sich. Sie ist eine positive Haltung, mit der wir dem Leben, uns selbst und unseren Mitmenschen begegnen.
Zweifelsohne ist die Liebe die stärkste Energiequelle in unserer Seele. Eine gewaltige positive Triebkraft, die uns antreibt, unsere Schöpferkraft zur Blüte bringt und uns Großes vollbringen lässt. Sie führt uns aus der Einsamkeit, baut Brücken zwischen den Menschen, löst Widersprüche auf.
Und zeigt, dass uns viel mehr verbindet als trennt. Sie ist ein intensives Gefühl gegenseitiger Wertschätzung, Zuneigung und Verbundenheit und auch Ursprung des höchsten Glücks. Sie ist es letztendlich, was die Welt zusammenhält.
Die Liebe in der griechischen Philosophie: Éros, Philía und Agápe
Die unterschiedlichen Facetten der Liebe spiegeln sich auch in der griechischen Philosophie wider. Die Hauptrolle spielt das Dreigestirn Éros, Philía und Agápe. Éros umfasst die sinnlich-erotische Liebe, das Begehren des geliebten Menschen, die Leidenschaft und den sehnlichen Wunsch danach, geliebt zu werden.
Philía beschreibt die echte, tiefe Freundschaft und Freundesliebe, die geprägt ist von gegenseitigem Verstehen und Anerkennung. Agápe wird die völlig bedingungslose, selbstlose und fördernde Liebe genannt, die ganz auf das Wohl der Anderen ausgerichtet ist. Sie reicht von der Nächstenliebe bis hin zur Feindesliebe. Agápe umfasst auch die reine Liebe Gottes oder die Liebe der Menschen zu Gott.
Darüber hinaus bezeichnen die alten Griechen mit dem Begriff „Storge“ die Vertrautheit und Liebe zur Verwandtschaft, die spielerisch-sexuelle Liebe als „Ludus“, die besitzergreifende Liebe als „Mania“ und die auf Vernunftgründen basierende Liebe als „Pragma“.
Hier den Beitrag als Podcast hören (oder auf iTunes oder Spotify / SinndesLebens24):
Ohne Liebe ist alles nichts
Ohne Liebe ist alles nichts – ein Dasein geprägt von Hass, Neid oder Gleichgültigkeit wäre alles andere als lebenswert. Wo die Liebe im Leben fehlt, breitet sich ein dunkles Gefühl der Gleichgültigkeit, der inneren Leere und Sinnlosigkeit in der Seele aus. Und dennoch streben viele Menschen heute mehr nach materiellem Erfolg, Macht und Sex, als nach Liebe.
Vielen wird erst auf dem Sterbebett bewusst, dass sie falsche Prioritäten gesetzt haben. Was am Ende wirklich zählt ist, wie viel Glück wir geliebten Menschen beschert und wie viel Zeit wir mit Dingen verbracht haben, die uns am Herzen liegen. Dieses Fazit zieht Bronnie Ware in ihrem Bestseller „5 Dinge, die Sterbende am meisten bereuen“.
Schon Albert Schweitzer wusste: „Das einzig Wichtige im Leben sind die Spuren der Liebe, die wir hinterlassen, wenn wir gehen“. Oder wie Wilhelm Busch es ausdrückte: „Die Summe unseres Lebens sind die Stunden, in denen wir liebten.“
Das Leben ist kurz, doch noch haben wir die Wahl, es in die richtigen Bahnen zu lenken. Auch wenn viele von uns aufgrund von Verletzungen und aus Angst vor weiteren Enttäuschungen ihr Herz verschlossen haben, ist es nie zu spät, sich wieder der Liebe zu öffnen.
„Die Liebe ist eine Kunst, die gelernt sein will“
Leider ist die Liebe meist kein Selbstläufer, im Gegenteil. „Sie ist eine Kunst, die gelernt sein will“ sagt Psychologe Erich Fromm. Wirklich Lieben zu können setzt für ihn die Entwicklung der ganzen Persönlichkeit voraus. „Wahre Erfüllung erfordert Mut, Glaube und Disziplin“, so Fromm.
Doch die meisten Menschen haben falsche Vorstellungen von der Liebe. Das beginnt oft bei der Erwartungshaltung an den Traumpartner. Wir lieben häufig nur die romantische Idealvorstellung unseres Partners und nicht den Menschen, der er wirklich ist – mit all seinen Stärken und Schwächen.
Auch übertragen wir unbewusst viele ungelöste Probleme der Kindheit, die zu Gefühlen wie Ärger, Eifersucht, Angst und Ohnmacht führen, auf den Partner. Andere wollen geliebt werden, Wertschätzung und Anerkennung erfahren, ohne aber selbst zu geben. Sie wünschen, dass der Partner sie glücklich macht, obwohl sie selbst nicht mit sich glücklich sind.
So kommt es immer wieder zu den gleichen Mustern entfremdeter Beziehungen, die auf einem Zweckbündnis, auf gegenseitiger Abhängigkeit beruhen oder einfach nur ein Alleinsein zu zweit sind. Fehlentwicklungen der Liebe zeigen sich auch in negativen Aspekten wie übermäßigem Besitzdenken, krankhafter Eifersucht oder einer emotionalen Abhängigkeit, die bis zur Hörigkeit führen kann.
Der Teufelskreis der Pseudoliebe
In der Startphase einer Beziehung spüren wir ein intensives Gefühl der Verliebtheit und eine überwältigende sexuelle, sinnliche Anziehung. Beide zeigen sich von Ihrer besten Seite und überschütten den Partner mit liebevoller Hingabe, Aufmerksamkeit und Zuwendung.Jeder sieht im anderen seinen idealisierten Traumpartner, blendet negative Aspekte meist völlig aus und versinkt im gigantischen, ozeanischen Glücksgefühl körperlicher Extase.
Wenn sich die starke sexuelle Anziehungskraft, die glühende Sehnsucht und die Leidenschaft des Liebesrauschs nach einiger Zeit abkühlen, steht die Beziehung auf dem Prüfstand. Dann zeigt sich, ob die Romanze der Alltagsroutine mit all ihren Verpflichtungen und Gewohnheiten standhält. Denn plötzlich mutieren die Märchenprinzen und -prinzessinnen zu ganz normalen Menschen mit Ecken und Kanten, die wir vorher durch die rosarote Brille nicht wahrgenommen haben.
Aus Enttäuschung folgt die Trennung, in der Illusion, beim nächsten Partner wird alles besser. Doch oft beginnt der Teufelskreis von neuem und die gleichen Probleme wiederholen sich. Wir erkennen nicht, dass das wahre Problem meist in uns selbst liegt.
„Der Partner ist lediglich ein Spiegel unserer eigenen unerfüllten Bedürfnisse, unserer eigenen Fähigkeit zu lieben und der eigenen Blockaden und Verletzungen. Wir müssen erst lernen, uns selbst anzunehmen, wie wir sind und lernen, uns selbst zu lieben“, sagt Bestseller-Autorin Eva-Maria Zurhorst. Schließlich begegnen wir uns im anderen immer selbst.
Selbstliebe versus Narzissmus
Doch die meisten von uns haben nicht gelernt, sich selbst zu lieben und mit sich selbst Frieden zu schließen. Und diese mangelnde Selbstliebe kann niemand kompensieren – weder der Traumpartner, noch Kollegen, Freunde oder der Beruf. Dabei hat eine gesunde Selbstliebe nichts mit einem schädlichen Narzissmus zu tun.
Der Narzisst giert stets nach Bewunderung, er verdrängt seine Schwächen, übertreibt seine Stärken und setzt andere Menschen herab. In ihrer selbstverliebten Art sind Narzissten nicht nur stets auf Bestätigung von außen angewiesen, sondern rücksichtslos, ausbeuterisch, unwillig zur Empathie, neidisch und arrogant.
Sie sind Egoisten, die ausschließlich auf ihre eigenen Interessen ausgerichtet sind und sich für kein höheres Ideal begeistern können, außer für sich selbst.
Während Narzissten ein weit überzogenes Selbstwertgefühl ausmacht, leiden Perfektionisten unter einem angekratzten Selbstvertrauen. Diese kreisen selbstunsicher und ängstlich um sich und tragen die Maske des Perfekten, um zu gefallen.
Narzissmus in seiner Extremform ist zweifelsohne eine Persönlichkeitsstörung, jedoch kann jeder Mensch auch zu einem gewissen Grad narzisstische Anteile in sich tragen. Diese pathologische Überheblichkeit ist jedoch bei weitem etwas ganz anderes als eine liebevolle Selbstannahme und Selbstliebe.
Selbstliebe als Voraussetzung für wahre Liebe
Selbstliebe ist die uneingeschränkte Liebe zu sich selbst. Wichtige Elemente sind eine allumfassende Selbstannahme, Selbstachtung, Selbstvertrauen und Selbstwert. Sie legt das Fundament für eine gute Verbindung zu anderen Menschen, einem wertschätzenden Umgang mit anderen, zur Welt und zum Leben selbst.
Sie schafft das Vertrauen in die Fähigkeit, das eigene Leben gestalten und selbst gesteckte Ziele erreichen zu können. Doch es gibt einen weitverbreiteten Mangel an Selbstliebe, dessen Ursachen häufig in der Kindheit zu finden sind.
Denn jedes Kind hat Basisängste, wie etwa:
- Ich will nicht allein sein oder verlassen werden.
- Ich möchte dazugehören.
- Ich möchte nicht bestraft werden mit Liebesentzug.
- Ich wünsche mir Sicherheit und Geborgenheit.
Vielfach wurden Bedürfnisse wie diese jedoch nicht ausreichend erfüllt oder es kam sogar zu traumatischen Erlebnissen. Zudem haben die meisten von uns gelernt, dass die Liebe nicht umsonst und selbstlos gegeben wird, sondern an Bedingungen geknüpft ist. Dass wir nur geliebt werden, wenn wir bestimmte Erwartungen anderer Menschen erfüllen.
Und unsere eigenen Bedürfnisse zurückzustellen haben. Daraus resultiert häufig das Gefühl, nicht gut genug oder nicht liebenswert zu sein. Deswegen projizieren wir als Erwachsene viele nicht gelöste Probleme aus der Vergangenheit heute auf andere.
„Und so kommen zwei Menschen oft mit dem unbewussten Wunsch zusammen, der andere möge sie glücklich machen. Er möge ihnen etwas geben, was ihnen die Eltern nicht geben konnten: Geborgenheit, emotionale Sicherheit, Verständnis.
Doch das ist ein Irrtum. Kein Mensch kann einen anderen glücklich machen, wenn er nicht selbst glücklich ist. Die Wahrheit heißt meist: Ich liebe mich selbst noch nicht“, sagt Robert Betz.
Wie wir eine gesunde Selbstliebe entwickeln
Wie können wir lernen, uns selbst zu lieben? Zuallererst müssen wir raus aus der Vorstellung, Opfer unserer Lebensumstände oder anderer Menschen zu sein. Wir müssen raus aus der Opferrolle und erkennen, dass wir die Schöpfer unseres Lebens sind. Und Verantwortung für uns selbst und unser Leben übernehmen. Nur so werden wir handlungsfähig und kommen kraftvoll ins Tun.
Eine gesunde Selbstliebe zu entwickeln kann nur gelingen, wenn wir uns selbst uneingeschränkt so akzeptieren, wie wir im Kern unseres Wesens sind. Mit all unseren Stärken und vor allem auch mit all unseren Schwächen.
Dazu gehört es auch, negative Gefühle wie Schmerz, Einsamkeit und Ängste nicht zu verdrängen, sondern diese bewusst und bejahend anzunehmen und uns selbst zu vergeben.
Nur wenn wir uns selbst voll und ganz wertschätzen, können wir überlebenswichtige Eckpfeiler für ein erfolgreiches Leben aufbauen: Selbstvertrauen, Selbstwertgefühl und Selbstbewusstsein. Sowie das Urvertrauen in uns, ein positives Leben führen, selbstgesteckte Ziele erreichen und wahrhaft lieben zu können.
Das innere Kind lieben lernen
Um den Weg zur Selbstliebe zu finden und Probleme der Kindheit zu lösen, verwenden Psychotherapeuten auch das Konzept des „inneren Kindes“. Es symbolisiert das in uns gespeicherte Spektrum intensiver Gefühle aus der eigenen Kindheit.
Dazu zählen unbändige Freude, abgrundtiefer Schmerz, Glück und Traurigkeit, Intuition und Neugierde, Gefühle von Verlassenheit, Angst oder Wut. In der Therapie trennt man das reflektierende innere Erwachsenen-Ich von dem erlebenden Inneren Kind – also dem eigenen Selbst der Kindheit.
Hat man als Kind viel Schmerz erlebt, so will sich der Erwachsene meist davor schützen, den Schmerz des inneren Kindes zu fühlen und lehnt es ab, die Verantwortung für es zu übernehmen. Er möchte die eigene Hilflosigkeit nicht mehr spüren und verdrängt diese negativen Gefühle – und versperrt sich damit gleichzeitig den Zugang zu den positiven Gefühlen.
Das abgelehnte innere Kind empfindet sich dann als unzulänglich, schlecht und nicht liebenswert. Es lebt in der ständigen Erwartung zurückgewiesen zu werden und so projiziert man diese Erwartung als Erwachsener auf andere Menschen.
Um die Wunden zu heilen müssen wir uns ganz bewusst dafür entscheiden, unser inneres Kind voll und ganz anzunehmen. Das heißt, in uns selbst eine tiefe liebevolle Verbindung zwischen dem inneren Kind und dem liebevollen Erwachsenen-Ich herzustellen. Und ihm die bedingungslose, uneingeschränkte Liebe zu geben, die ihm in der Kindheit gefehlt hat.
Folgende kleine Meditation mag das deutlich machen:
Wir schließen die Augen und stellen uns vor, wir sind in einer schönen Natur, auf einer Sommerwiese oder an einem sonnigen Strand. Wir sehen in der Ferne uns selbst als Kind auf uns (als Erwachsene) zulaufen. Es kommt immer näher, läuft schneller auf uns zu, lächelt uns sehnsuchtsvoll und schutzbedürftig an und streckt die Arme nach uns aus.
Wir spüren die tiefe Verbindung, sehen und lächeln es an, strecken die Arme nach ihm aus und schließen es in unsere Arme. Beide umarmen sich innig und voller bedingungsloser Liebe. Unser Erwachsenen-Ich sagt dem inneren Kind: Ich liebe Dich, so wie Du bist, mein Sonnenschein, ich werde immer für Dich da sein. Ich werde dich immer lieben und beschützen, egal was ist.
Die Annahme des Inneren Kindes hilft, die alten negativen Glaubenssätze durch neue positive zu ersetzen:
- Ich bin selbst verantwortlich für mein Glück.
- Ich bin bereit, meine Gefühle wahrzunehmen und anzunehmen.
- Ich bin offen für Neues und Veränderungen in meinem Leben.
- Ich bin stark genug, für mich selbst zu sorgen und für mein Wohlgefühl die Verantwortung zu übernehmen.
- Ich darf neugierig und verspielt, albern und spontan, lebendig und sensibel sein.
- Ich darf aber auch zornig und traurig sein, denn durch meine Selbstliebe erkenne ich, dass alle Gefühle wichtige Teile meiner selbst sind.
Kim McMillen: Als ich mich selbst zu lieben begann
Was Selbstliebe wirklich alles umfassen kann, bringt das berührende Gedicht „Als ich mich selbst zu lieben begann“ der amerikanischen Autorin Kim McMillen wundervoll auf den Punkt. Hier einige zentrale Stellen:
Als ich mich selbst zu lieben begann
Von Kim McMillen
Als ich mich selbst zu lieben begann,
habe ich verstanden, dass ich immer und bei jeder Gelegenheit,
zur richtigen Zeit am richtigen Ort bin
und dass alles, was geschieht, richtig ist –
von da an konnte ich ruhig sein.
Heute weiß ich: Das nennt man Vertrauen.Als ich mich selbst zu lieben begann,
konnte ich erkennen, dass emotionaler Schmerz und Leid
nur Warnungen für mich sind, nicht gegen meine eigene Wahrheit zu leben.
Heute weiß ich: Das nennt man Authentisch-sein.Als ich mich selbst zu lieben begann,
habe ich aufgehört, mich nach einem anderen Leben zu sehnen
und konnte sehen, dass alles um mich herum eine Aufforderung zum Wachsen war.
Heute weiß ich: Das nennt man Reife.Wir brauchen uns nicht weiter vor Auseinandersetzungen,
Konflikten und Problemen mit uns selbst und anderen fürchten,
denn sogar Sterne knallen manchmal aufeinander
und es entstehen neue Welten.
Heute weiß ich: Das ist das Leben!
Wahre Liebe: Andere Menschen wirklich so zu lieben, wie sie sind
Die Selbstliebe ist eine wichtige Basis für wahre Liebe. „Die Fähigkeit zur Liebe hängt von unserer Fähigkeit ab, zu wachsen und eine produktive Orientierung in unserer Beziehung zur Welt und zu uns selbst zu entwickeln”, bringt es Erich Fromm auf den Punkt. Dazu gehört auch, dass wir unseren Weg raus aus der Opferrolle der äußeren Umstände finden und unser Leben in Eigenverantwortung selbst in die Hand nehmen.
Um andere Menschen wirklich lieben zu können, bedarf es weiterer Einsichten. In erster Linie sollten wir vermeiden, unsere Wunschvorstellungen eines idealisierten Traumpartners auf den anderen zu projizieren. Sondern ihn stattdessen so sehen, wie er wirklich ist, und ihn in seiner einzigartigen Individualität annehmen, mit all seinen Stärken und seinen Schwächen.
Und außerdem ein echtes Interesse daran haben, dass der andere wachsen und sich entfalten kann. „Ich muss aus meinem innersten Wesen heraus lieben und den anderen im innersten Wesen seines Seins erfahren“, erklärt Erich Fromm.
Oder wie Fjodor Dostojewski sagte: „Einen Menschen lieben heißt ihn so sehen, wie Gott ihn gemeint hat.“
Die Liebe erfordert auch den Mut zum Risiko
Zur Liebe gehört auch der Mut zum Risiko. Wir müssen bereit sein, uns dem Partner hinzugeben, uns auf ihn einzulassen, ohne uns von ihm abhängig zu machen. Ganz in der Hoffnung, dass die Liebe Bestand haben wird.
Denn echte Garantien und Sicherheiten gibt es nirgends im Leben. Und jede wichtige Entscheidung birgt nicht nur die Chance auf Erfolg, sondern immer auch die Gefahr des Scheiterns in sich. Höhen und Tiefen, Erfolge und Misserfolge sind fester Bestandteil des Lebens. Die Angst vor dem Scheitern darf uns nicht davor abhalten, wichtige Entscheidungen zu treffen. Denn nur so können wir uns weiterentwickeln und wachsen.
„Es ist verrückt, alle Rosen zu hassen, nur weil dich eine gestochen hat, oder auf alle Träume zu verzichten, nur weil sich einer nicht erfüllt hat“, brachte es Antoine de Saint-Exupéry treffend auf den Punkt.
Gerade auch Krisen bieten uns Raum für Wachstum. Wer ständig auf der Stelle tritt, wird nicht vorankommen. Wer nichts wagt, der kann auch nichts gewinnen. Und riskiert, später auf ein leeres wenig sinnerfülltes Leben zurückblicken. „Geliebt werden und lieben brauchen Mut, den Sprung zu wagen und für diese Werte alles aufs Spiel zu setzen”, erklärt Erich Fromm.
Die Schöpferkraft der Liebe im Beruf und in der Lebensaufgabe
Die Liebe ist die stärkste Energiequelle in unserer Seele. Sie kommt nicht nur in zwischenmenschlichen Beziehungen zur Entfaltung, sondern auch in der Hingabe an eine Aufgabe, ein Ziel oder ein Ideal. Sei es im Beruf, in der Familie, in einem Ehrenamt, beim sozialen Engagement, beim Hobby oder im Sport. Sie ist eine gewaltige positive Triebkraft, die uns antreibt, unsere Schöpferkraft zur Blüte bringt und uns Großes vollbringen lässt.
Die Arbeit spielt eine entscheidende Rolle für unsere persönliche Lebens-Erfüllung, unser Lebens-Glück und unseren persönlichen Sinn des Lebens. Schließlich verbringen wir den Großteil der Lebenszeit mit Arbeit, wesentlich mehr als mit der Familie oder dem Partner.
Nach einer Gallup-Studie ist jeder vierte Deutsche akut unzufrieden mit seinem Job. Vor allem viele jüngere Arbeitnehmer der Generation Y vermissen Freiheit und Gestaltungsspielraum, sie wollen ihre eigenen Ideen umsetzen und sich selbst verwirklichen. Doch auch wer die Karriereleiter empor geklettert ist, nach außen erfolgreich scheint, der mag innerlich feststellen, dass es eigentlich gar nicht das ist, was er tun wollte.
Deswegen spüren zahlreiche Angestellte und Manager, für die lange Zeit Karriere, Geld und Status als höchste Maßstäbe galten, in der Lebensmitte zunehmend eine Sehnsucht nach einer erfüllenderen und sinnstiftenderen Aufgabe als bisher. Und sehen sich nach einer Veränderung, für die oft der Mut fehlt.
Den richtigen Zeitpunkt dafür, die entscheidenden Weichen zu stellen, gibt es nicht. Das gilt für tiefgreifende berufliche Entscheidungen genauso wie für eine Liebesbeziehung:
„An irgendeinem Punkt muss man den Sprung ins Ungewisse wagen. Erstens, weil selbst die richtige Entscheidung falsch ist, wenn sie zu spät erfolgt. Zweitens, weil es in den meisten Fällen so etwas wie eine Gewissheit gar nicht gibt“.
Lee Iacocca
Und bei alles ist es auch „nie zu spät das zu werden, was du hättest sein können“, wie George Elliot sagte.
Beruf und Berufung
Der Beruf wird zur Berufung, wenn wir unsere eigenen Talente weiterentwickeln und das uns innewohnende Potenzial entfalten können. In einer Tätigkeit, die im Einklang mit unseren angeborenen Fähigkeiten, Stärken und wahren Herzenswünschen steht. Einer für uns sinnstiftenden Aufgabe, der wir mit Liebe und Hingabe nachgehen. Oder wie Spinoza sagt: „Sein, was wir sind, und werden, was wir werden können, das ist das Ziel unseres Lebens.“
Hier spielt auch die Liebe eine entscheidende Rolle. Folgendes riet Steve Jobs den Studenten der Stanford Universität bei seiner ergreifenden Rede:
„Die einzige Möglichkeit Großes zu leisten ist, das zu lieben, was man tut. Wenn du das noch nicht gefunden hast, dann suche weiter. Gib dich nicht zufrieden. Wie bei allen Herzensangelegenheiten wirst du wissen, wenn du es gefunden hast. ….. Und am Wichtigsten ist: habe den Mut deinem Herzen und deiner Intuition zu folgen. Sie wissen irgendwie bereits, was du wirklich werden willst. Alles andere ist zweitrangig.“
Dabei sollte die eigene Selbstentfaltung letztendlich auch immer anderen Menschen zugutekommen. „Erfolg bedeutet, dass Sie den Zweck Ihres Lebens kennen, darin zu wachsen, Ihr größtmögliches Potenzial zu erreichen und Samen zu säen, die anderen nützen“, sagte John C. Maxwell.
Fazit: Das ist Liebe wirklich
Am Ende lässt sich das Ziel all unseres Strebens auf die eine starke, essentielle Sehnsucht zurückführen: Zu lieben und geliebt zu werden. In der Liebe kommen wir vom ich zum wir, behalten gleichzeitig unsere Individualität und können ganz wir selbst sein. Der persönliche Sinn des Lebens, die Entfaltung unseres Potenzials und die Liebe gehören untrennbar zusammen.
Für Viktor Frank gibt es drei Hauptstraßen, auf denen sich Sinn und Selbstverwirklichung finden lassen: Indem der Mensch eine Tat setzt, ein Werk erschafft oder dass er etwas oder jemanden in seiner ganzen Einzigartigkeit erlebt und liebt. Auch Erich Fromm sieht den Sinn des Lebens darin, „er selbst um seiner selbst willen zu sein und glücklich zu werden durch die volle Verwirklichung der ihm eigenen Möglichkeiten – seiner Vernunft, seiner Liebe und produktiver Arbeit”.
Liebe ist ein Prozess, an dem wir ein Leben lang arbeiten müssen und der es erfordert, dass wir uns auch unseren Krisen und Ängsten stellen. Doch die positive Ausrichtung aufs Leben und die universelle Energie der Liebe werden uns immer wieder die Kraft geben, die Höhen und Tiefen unseres Daseins erfolgreich zu meistern.